Print logo

Verwaltungsreform Zentralasien
Vorbild Bayern

Autor: Dr. Max Georg Meier

Die Hanns-Seidel-Stiftung hilft seit über 20 Jahren die Verwaltung der zentralasiatischen Länder Kirgisistan, Kasachstan und Usbekistan zu reformieren. Die Ergebnisse sind erstaunlich und haben zu einer schlanken, modernen Verwaltung geführt.

Der Bayterek Tower mit Ministerien in Astana, Kasachstan

Der Bayterek Tower mit Ministerien in Astana, Kasachstan

Mathias; HSS; Adobe Stock

Seit einigen Jahren unterstützt die Hanns-Seidel-Stiftung die Regierungen in Kirgisistan, Kasachstan und Usbekistan darin, ihre staatliche Verwaltung im Sinne des Good Governance-Konzepts zu reformieren. Im Fokus stehen neben der politischen Beratung auch die Förderung von Institutionen und die Qualifizierung von Mitarbeitenden für die kommunale Verwaltung. Nachdem die zentralasiatischen Länder lange Zeit wenig Reformwillen gezeigt hatten, konnten nun erste konkrete Reformansätze registriert werden.

Am Beispiel von Kirgisistan (6,7 Millionen Einwohner) soll gezeigt werden, wie sich die Reformbemühungen der HSS in der öffentlichen und kommunalen Verwaltung niederschlagen. In der ersten Etappe der Verwaltungsreform wurde die Verwaltungsebene der Regierungsbezirke aufgelöst, was zu einer Straffung der Verwaltung und enormen Einsparungen im öffentlichen Budget führte. Zudem wurden kommunale Haushalte durch ein neues Zwei-Ebenen-Budgetsystem, bestehend aus einer zentralen und einer kommunalen Ebene, gestärkt. Durch diese Maßnahme versickerten öffentliche Haushaltsmittel nicht mehr allein in der zentralen Verwaltung des Landes, sondern erreichten tatsächlich auch die Kommunen. Damit gelang es,  die Zahl kirgisischer Ministerien und Agenturen von Ministeriumsrang von 23 auf 16 reduziert werden (schlankere Verwaltung). Zudem wurden administrative Doppelfunktionen abgeschafft, sodass das kirgisische Präsidialamt und das Ministerkabinett künftig als gemeinsame Abteilung neue Gesetze vorbereiten können. In diesem Zuge wurden auch einige Personalebenen (stellvertretende Minister, Staatssekretäre) abgeschafft. Vor einem Jahr fiel dann schließlich der Startschuss zur landesweiten territorialen Verwaltungsgebietsreform. Den Anfang machte der Pilot-Landkreis Tüp, einer von insgesamt 40 in Kirgisistan: Die Zahl der kreisangehörigen Gemeinden wurde im Zuge der Verwaltungsreform von 13 auf fünf gesenkt und statt ehemals 201 Bediensteten auf kommunaler Ebene sind heute nur noch 176 beschäftigt. Für die Bürgerinnen und Bürger in Kirgisistan äußerten sich diese Reformen in einer deutlich reduzierten Bürokratie.

 

Altstipendiaten werden zu Ministern

In den vergangenen 21 Jahren hat die HSS in Zusammenarbeit mit der kirgisischen Verwaltungsakademie insgesamt 2.439 junge kirgisische Bedienstete in ein- bis zweijährigen Masterkursen weiterqualifiziert, hinzu kam die Fortbildung von 410 kirgisischen kommunalen Schlüsselfunktionsträgern und Mandatsträgern. Als Vorbild diente das bayerische Subsidiaritätsprinzip, nach dem der Staat dann erst Aufgaben übernimmt, zu deren Wahrnehmung untergeordnete Einheiten wie Kommunen, Landkreise, Bundesländer und der Bund nicht in der Lage sind. So wurden in Kirgisistan 319 junge Führungskräfte aus Nichtregierungsorganisationen in ein- bis zweijährigen Masterkursen ausgebildet. Mehrere Altstipendiaten der HSS wurden zu stellvertretenden Ministern, Gouverneuren und Landräten ernannt, zu Bürgermeistern von Städten und Gemeinden oder zu Vorsitzenden von Stadt- oder Gemeinderäten gewählt. Sie stellen allein zehn von 40 kirgisischen Landräten landesweit. In drei von insgesamt sieben Regierungsbezirkszentren sind die Bürgermeister HSS-Altstipendiaten. Die Altstipendiaten wurden nach ihrer Ausbildung zu Schlüsselfiguren bei der Entwicklung der kommunalen öffentlichen Verwaltung, bei der Stärkung von Dezentralisierungsprozessen und der Förderung des Prinzips der teilhabenden Demokratie. Sie nahmen regelmäßig an der Arbeit von staatlichen Arbeitsgruppen und Komitees teil und gaben mit ihrer vielfältigen praktischen Erfahrung wichtige Impulse für die Verwaltungsreform.

 

Austausch mit den bayerischen Kollegen

Zudem organisierte die HSS für Spitzenfunktionsträger und politische Entscheidungsträger Besuchsprogramme in Deutschland. So trafen sie in Bayern ihre Amtskollegen aus der Staatsverwaltung, nahmen Kontakt auf zu kommunalen Schlüsselfunktionsträgern und tauschten wertvolle Erfahrungen aus. Die HSS unterstützte auch zahlreiche Fachstudien kirgisischer Forschergruppen und organisierte monatliche Fachtreffen mit Vertretern aus den Bereichen Politik, öffentliche und kommunale Verwaltung, Nichtregierungsorganisationen, Wirtschaft und Medien – Dokumente, die zur Vorbereitung und als Grundlage für künftige politische Entscheidungen in der öffentlichen und kommunalen Verwaltung dienen.

Auch in den Nachbarländern Kasachstan und Usbekistan stehen Verwaltungsreformen seit einigen Jahren an der Tagesordnung. In Kasachstan wurden vor Kurzem zum ersten Mal 50 der insgesamt 166 Landräte direkt vom Bürger gewählt. In Usbekistan wird intensiv daran gearbeitet, die etwa 9.500 traditionellen lokalen Selbstverwaltungseinheiten (Mahallas) mit jeweils 500 Familien zu leistungsfähigeren Verwaltungseinheiten zu entwickeln.    

Dass die HSS beim Thema Verwaltungsreformen in Zentralasien so zielstrebig und effektiv arbeiten konnte, ist auf den Umstand zurückzuführen, dass Bayern umfangreiche Erfahrungen und erfolgreiche Modelle (best cases) in den Bereichen Kommunale Selbstverwaltung, Dezentralisierung, Föderalismus und Subsidiaritätsprinzip aufweisen kann. Dadurch standen jederzeit Experten und Verwaltungsinstitutionen aus Bayern als Partner zur Verfügung.

Kontakt

Leiterin: Veronika Eichinger
Nordost- und Zentralasien
Leiterin
Telefon: 
Fax: