Die vergangenen Monate waren im Durchschnitt 1,3 Grad wärmer als in vorindustriellen Zeiten – Tendenz steigend. Verantwortlich hierfür sind Treibhausgase, die vor allem durch menschliche Aktivitäten erzeugt werden, insbesondere durch das Verbrennen fossiler Energieträger und die Abholzung von Wäldern. Wir benötigen neue Technologien und alternative Energien, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen.
Auf dem Weg in die Energiezukunft kommt dem Energieträger Wasserstoff eine zentrale Rolle zu. Er wird je nach Erzeugungsart in verschiedene Farben unterteilt. So wird u.a. zwischen grauem, blauem und grünem Wasserstoff differenziert.
Ideale Standorte für die Produktion von grünem Wasserstoff sind also reich an Sonne und Wind. Argentinien zeichnet sich in dieser Hinsicht durch seine natürliche geographische Beschaffenheit aus. Die Ausgangsbedingungen für die Erzeugung von Wind- und Solarenergie sind hervorragend. Darüber hinaus verfügt das Land über große bisher noch nicht wirtschaftlich genutzte Flächen und gewaltige Süßwasservorkommen. Dies schafft, auch im weltweiten Vergleich, exzellente Voraussetzungen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff in großen Mengen.
Allmählich kommt das Thema in Argentinien auf die Agenda. Das Land ist bestrebt, die Produktion sowohl von grünem, aber auch blauem Wasserstoff zu forcieren. Zwar wird Argentinien bei der Produktion und beim Export von Wasserstoff vielleicht nicht zu den Vorreitern in Südamerika gehören, denn bisher hat Argentinien für die Wasserstoffwirtschaft weder eine Strategie noch einen gesetzlichen Rahmen. Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass Argentinien früher oder später zu einem wichtigen Player auf diesem Markt werden wird.
Ein Salzsee in Argentinien, in dem das begehrte Leichtmetall Lithium vorkommt.
Prof. Dr. Binder
Die Energiewende ist ohne Lithium nicht vorstellbar. Die weltweiten Lithiumressourcen beliefen sich in 2023 auf ein Volumen von rund 28 Millionen Tonnen. Lithium wird aus Festgestein oder Sole gewonnen. Das Leichtmetall dient zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien. Diese benötigt man für Smartphones und Laptops, vor allem aber für Elektroautos. Mit der Umstellung von Verbrennungsmotoren zu Elektroantrieben ist Lithium zum meistgefragten Rohstoff der Welt geworden. 2020 lag die Weltnachfrage noch bei 85.000 Tonnen. In 2030 wird der weltweite Absatz voraussichtlich 500.000 Tonnen betragen.
Argentinien ist derzeit nach Australien, Chile und China der viertgrößte Lithiumproduzent der Welt.
Auf das Lithiumdreieck Argentinien, Bolivien und Chile entfallen etwa 65 Prozent der weltweiten Lithiumressourcen. Die größten Produktionszuwächse bei Lithium sind in den nächsten Jahren in Argentinien zu erwarten. Die Deutsche Rohstoffagentur geht davon aus, dass Argentinien seinen Anteil am globalen Lithiumangebot von derzeit rund 7 Prozent bis 2030 auf 17 bis 21 Prozent erhöhen wird. Australien und Chile werden demnach Weltmarktanteile verlieren. Der Anteil Chiles soll bis dahin von heute 26 auf 13 Prozent sinken und damit hinter den Anteil Argentiniens zurückfallen.
Die Aussichten für den Lithiumbergbau in Argentinien haben sich in den vergangenen Jahren verbessert. Die argentinischen Regierungen haben verstanden, dass sie das hohe Länderrisiko für die Investoren kompensieren müssen. Gesetzesänderungen führten dazu, dass die Provinzen über die Rahmenbedingungen für den Bergbau autonom entscheiden können – und nicht die ständig nach Geldquellen suchende Zentralregierung in Buenos Aires.
Inzwischen haben die Lithiumaktivitäten in Argentinien mehr als vier Milliarden US-Dollar an Investitionen angezogen. Derzeit sind rund 36 Lithiumprojekte in der Pipeline. In den vergangenen Jahren kam es zu zahlreichen Übernahmen. Australische und kanadische Unternehmen haben sich die ersten Übernahmen gesichert, chinesische und koreanische Firmen haben nachgezogen.
Dr. Wolfgang Stefinger, Senatorin Lucila Crexell und Prof. Dr. Klaus Georg Binder im Argentinischen Nationalkongress.
HSS Argentinien
Dass Argentiniens Lithium auch in Deutschland immer stärkeres Interesse weckt, belegt das „1. Argentinisch-Deutsche Treffen zu Kritischen Mineralien“, das am 1. Februar 2024 in der argentinischen Botschaft in Berlin stattfand. Während des Treffens schloss Eusati, ein Unternehmen der Droege-Gruppe, mit den Regierungen der drei Lithiumprovinzen Jujuy, Salta und San Juan Kooperationsabkommen zur Nutzung lokaler Lithiumvorkommen ab. Die Droege-Tochter plant, mit dem argentinischen Lithium ab 2026 Batteriezellen herzustellen, aber auch unter eigener Regie im Norden Argentiniens Lithium abzubauen.
Eignet sich Argentinien für eine Energiepartnerschaft mit Deutschland? Der CSU-Bundestagsabgeordnete und Stellv. Vorsitzende des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung Dr. Wolfgang Stefinger besuchte auf Einladung der Hanns-Seidel-Stiftung Argentinien, um dieser Frage nachzugehen. Er traf sich mit politischen Entscheidungsträgern, öffentlich Bediensteten, Wissenschaftlern, Rechtsanwälten, Unternehmern und Gewerkschaftern, um sich über erneuerbare Energien, und hier insbesondere über Lithium und grünen Wasserstoff, auszutauschen.
Alle Gesprächspartner stimmten darin überein, dass in Argentinien, insbesondere in den Provinzen Catamarca, Jujuy, Salta und San Juan, genügend Lithium vorhanden sei, um Deutschland hinreichend mit Lithium zu versorgen. Man setzte Dr. Stefinger davon in Kenntnis, dass in Argentinien die Produktion von grünem Wasserstoff noch in den Kinderschuhen stecke, dieser aber – die notwendigen Investitionen vorausgesetzt – kostengünstig hergestellt werden könne. Senatorin Lucila Crexell gab zu bedenken, dass Argentinien auch über sehr große Gasvorkommen verfüge und deshalb erst einmal bestrebt sei, blauen Wasserstoff herzustellen und zu vermarkten. Sie stellte zudem klar, dass Staatspräsident Javier Milei den Export von Lithium und Wasserstoff – sei er nun grün oder blau – keinesfalls behindern werde, da er beabsichtige, die argentinische Wirtschaft auch durch eine Forcierung des Außenhandels anzukurbeln.
Am Ende seines Besuchs zog Dr. Stefinger das folgende Fazit:
„In Argentinien gibt es viele Möglichkeiten, mit Wind- und Sonnenenergie zu arbeiten und vor allem beide Energien für die Herstellung von grünem Wasserstoff zu nutzen. Die Voraussetzungen sind hervorragend, auch wenn ich an die ganzen Rohstoffe denke, über die Argentinien verfügt, Kupfer, Eisen, Blei und Zink, aber eben auch Lithium. Es bestehen tolle Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Natürlich müssen die politischen Voraussetzungen passen. Im November wurde Javier Milei zum Staatspräsidenten gewählt. Man muss schauen, wie sich alles unter der neuen Regierung entwickelt. Aber grundsätzlich sind die Voraussetzungen sehr, sehr gut und ich denke, hier besteht ein erhebliches Potential für eine fruchtbare Zusammenarbeit.“
Argentiniens Ressourcenreichtum eröffnet dem Land die Möglichkeit, ein wichtiger Player beim globalen Übergang zu einer sauberen Energieversorgung zu werden. Bei der Produktion von grünem Wasserstoff könnte es sich sogar zum Weltmarktführer entwickeln. Argentinien ist hier auf ausländische Unterstützung angewiesen. Es benötigt Technologien und Know-how aus anderen Ländern, auch aus Deutschland.