Seit der historischen Zäsur im Jahre 2011 ist die arabische Welt einem fortschreitenden Ordnungszerfall ausgesetzt; der von einer gesellschaftspolitischen Desintegration und dem Aufkommen neuer Antagonismen begleitet wird. Insbesondere die arabischen Republiken; die dem postkolonialen Paradigma eines zivilisatorischen Aufholprozesses gegenüber dem Westen verpflichtet waren; erwiesen sich retrospektiv lediglich als politische Imitate moderner Nationalstaatlichkeit. Im Kontext ordnungspolitischer Vakua sorgte zudem der für einen Demokratisierungsprozess unabdingbare weltanschauliche Pluralismus; der der Region auch vom Westen in hohen Dosen injiziert wurde; für einen signifikanten Anstieg gewaltsamer Konflikte. Die politische Strategie; den wichtigen Stellenwert des Islam durch islamistische Parteien im Zuge freier Wahlen in demokratische Rahmenbedingungen einzubetten; förderte dagegen in ausnahmslos allen arabischen Staaten die soziale Entropie. Erst wenn man den Islam in seiner zeitgenössisch politischen Spielart als Resultat eines ideengeschichtlichen Zusammenpralls mit der westlichen Moderne versteht; lässt sich schonungslos und offen die Frage nach dem Verhältnis von Islam und politischer Macht stellen; das zweifellos ein wesentliches Element der Dauerkrise in der arabischen Welt ausmacht.
Übergeordnetes Werk / Enthalten in
Populismus
Band / Heft
2018, 22, S. 28-37
Sprache
Deutsch