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Außen- und Sicherheitspolitik
Wie weit geht Deutschlands neue Verantwortung?

Die traditionelle „Jein-Haltung“ Deutschlands, den Bündnispartnern Unterstützung zuzusichern, aber gleichzeitig eine Beteiligung an Militäreinsätzen überwiegend auszuschließen, ist der Tanz zwischen der Kultur der Zurückhaltung und der Kultur der Verantwortung. Kann Deutschland so seiner Führungsrolle in Europa und der neuen Verantwortung für die internationale Sicherheit gerecht werden oder geht die Bundesrepublik dieser Verantwortung aus dem Weg?

Die jüngste Zuspitzung des Syrien-Konflikts zeigte wieder einmal deutlich, welche Uneinigkeit in Deutschland über mögliche militärische Beteiligungen besteht. Und das, obwohl Deutschland und Europa schon seit einigen Jahren mehr und mehr die Auswirkungen von Krisen, Kriegen und Konflikten zu spüren bekommen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen, fragte in diesem Zusammenhang kürzlich: „Wie verstehen wir uns selber? Als Zuschauer von Kriegsverbrechen, als Analytiker und Kommentatoren und Belehrende in der Welt. Oder spüren wir die Verantwortung moralisch und politisch etwas zu tun, wenn wir etwas tun können?“

Info:

„Dafür, aber nicht dabei?“ Deutschlands neue Verantwortung für die internationale Sicherheit war der Titel der hochrangig besetzten Podiumsdiskussion, die am 26. September 2018 in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin stattfand. Eröffnet wurde sie von Ministerialdirektor Dr. Rolf-Dieter Jungk, Bevollmächtigter des Freistaats Bayern beim Bund und dem Stellvertretenden Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung Christian Schmidt, MdB, Bundesminister a.D. Es diskutieren Thomas Silberhorn, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung; Niels Annen, MdB, Staatsminister im Auswärtigen Amt; Dr. Franziska Brantner, MdB, Parlamentarische Geschäftsführerin Bündnis 90/Die Grünen und Europapolitische Sprecherin; und Prof. Dr. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München. Der Leiter des Hauptstadtbüros der HSS, Dr. Alexander Wolf, führte als Moderator durch den Abend.

Im Kern der Debatte geht es um die Frage, wie Deutschland seiner Verantwortung nachkommen und einen wirkungsvollen Beitrag zu Sicherheit und Entwicklung in der Welt liefern kann.

Im Kern der Debatte geht es um die Frage, wie Deutschland seiner Verantwortung nachkommen und einen wirkungsvollen Beitrag zu Sicherheit und Entwicklung in der Welt liefern kann.

Diese Debatte zu führen, fällt den Deutschen nicht leicht. Mit Verweis auf die Geschichte unseres Landes wird die Teilnahme der Bundeswehr an internationalen Missionen innenpolitisch oft kritisch gesehen; über die Hälfte der Bundesbürger ist dagegen. Noch dazu sind militärische Auslandseinsätze verfassungsrechtlich mit sehr hohen Hürden verbunden. Gleichzeitig können wir nicht die Augen davor verschließen, dass Deutschland als eines der reichsten EU-Länder sowohl der internationalen Ordnung als auch den Verbündeten gegenüber Verantwortung hat. Die Bundesregierung steht vor einer weiteren großen Herausforderung auf ihrem Weg, einen geeigneten Umgang mit dem Thema zu finden, denn ohne Sicherheit keine Entwicklung und ohne Entwicklung keine Sicherheit. Es gelte eine ressortübergreifende, kohärente Strategie zu entwickeln – gar nicht so einfach, im Spannungsfeld zwischen nationalen Leitlinien und europäischen Reformprozessen.

Bei der Herstellung und dem Erhalt von Frieden sollten zivile Krisenprävention und Diplomatie immer die Instrumente erster Wahl sein. Aber was ist, wenn sie „keinen Ton erzeugen“, ein Krieg kein Ende nimmt? Um auszuloten, was in solchen Fällen der Beitrag der Bundesrepublik sein könnte, ist es notwendig, die eigene Politik zu überprüfen und eine offene Debatte zu führen.

Autoren: Charlotte Mellentin, Paulina Conrad