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Expertentagung
Wider Hetze und Hass im Netz

Autor: Karl Heinz Keil

Nicht nur Pöbeleien, sondern auch Aufrufe zu Gewalt und extremistische Äußerungen in den sozialen Medien nehmen zu. Dabei bewegen sich auch die Hetzer im Internet nicht im rechtsfreien Raum. Aber wie können wir die Meinungsfreiheit schützen und gleichzeitig Hetze und Hass im Netz eindämmen?

Florian Alte, Sonja Schwendner, Karl Heinz Keil (Moderator), Kathrin Demmler, Richard Gutjahr (v.l.n.r.)

Florian Alte, Sonja Schwendner, Karl Heinz Keil (Moderator), Kathrin Demmler, Richard Gutjahr (v.l.n.r.)

In sozialen Netzwerken kann man mit Menschen auf der ganzen Welt einfach Kontakte pflegen und virtuell gemeinsame Interessen teilen. Die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme im Netz ist niedrig, sicherlich auch ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Facebook und Co. Aber fast jede Erfolgsgeschichte kennt auch dunkle Kapitel. Über Cybermobbing diskutiert die Gesellschaft schon seit einigen Jahren, auch die lawinenartige Kritik in virtuellen Räumen, so genannte "Shitstorms", mussten schon diverse Organisationen und Privatpersonen über sich ergehen lassen. Wie es scheint, erleben wir gegenwärtig eine weitere Zuspitzung verbaler Entgleisungen. Über Hetze und Hass im Internet und die Grenzen der digitalen Freiheit diskutierten Experten am 25. Mai 2016 im Konferenzzentrum München.

Die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten, die einmal als große Chance für die Gesellschaft begannen, eskalieren zunehmend und münden auf manchen Plattformen in einem verbalen Kulturkampf. Eine hasserfüllte, aggressive und verletzende Debattenkultur wirkt zunehmend bedrohlich. In diesem Zusammenhang hat sich der englische Begriff "Hate Speech" auch im Deutschen etabliert und dient als Oberbegriff für das Phänomen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Volksverhetzung. Der Kurznachrichtendienst Twitter hatte bereits 2015 angekündigt, noch intensiver gegen Hass und Belästigungen auf dem eigenen Portal vorzugehen. Facebook unterstützt in verschiedenen Aktionen das Konzept "Counterspeech", also die aktive Gegenrede. Aber reicht das? Vor der Therapie steht die Diagnose.

Richard Gutjahr ist Journalist, Moderator und ein bekannter Blogger.

Richard Gutjahr ist Journalist, Moderator und ein bekannter Blogger.

Ursachenforschung ist gefragt!  

Wer im Netz unterwegs ist, trifft dort in verschiedenen Kanälen auf den Journalisten und Blogger, Richard Gutjahr. Er sieht als eine Ursache Überforderung der Nutzer. "Wir haben die Wucht des Netzes alle noch nicht erfasst!" Es sei so, als ob man den Menschen mit den sozialen Netzwerken sozusagen ein Megafon in die Hand drücke, aber sie mit dieser neuen Macht der Artikulation noch nicht umgehen können.

Dieses netzimmanente Problem einer mangelnden "digitalen Empathie", wie es Gutjahr nennt, ist aber nicht isoliert von gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zu betrachten.

Die Themen "Migration, Flucht und Asyl" werden auch "offline" vehement diskutiert und von extremistischen Gruppierungen aggressiv aufgenommen.

Der Rechtsanwalt Florian Alte und Sonja Schwendner (BLM).

Der Rechtsanwalt Florian Alte und Sonja Schwendner (BLM).

So ist das Thema Hetze und Hass im Internet auch kein reines Jugendschutz-Problem, wie Sonja Schwendner von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) betonte, sondern ein Problem, das uns alle betrifft..

Erst kürzlich ging die Facebook-Seite "Anonymous.Kollektiv", die nichts mit der Hacker-Gruppe Anonymous zu tun hat, offline. Es war das Ende der vermutlich größten Hetzseite des deutschsprachigen Raumes mit ca. zwei Millionen Followern.

Eine beängstigende Zahl, die nicht schweigend und kommentarlos hingenommen werden kann.

Kathrin Demmler und Richard Gutjahr

Kathrin Demmler und Richard Gutjahr

Die öffentlichen Analysen, Diskussionen und Forderungen dazu sind allgegenwärtig: ob auf einem gut besetzten Podium während des Katholikentages in Leipzig oder jüngste Äußerungen des Bundesinnenministers zum Thema Anonymität im Netz.

Das Problem ist bekannt.
Im Konferenzzentrum München war man sich jedenfalls einig, dass bereits zahlreiche Paragrafen eine Strafverfolgung ermöglichen.
Der Rechtsanwalt und Vorstandsmitglied von CSUnet, Florian Alte verwies in diesem Zusammenhang u.a. auf § 130 StGB Volksverhetzung.
Aber simple Patentrezepte konnte auch auf dem Podium der Hanns-Seidel-Stiftung niemand versprechen. Kathrin Demmler, Medienpädagogin und Direktorin des JFF - Instituts für Medienpädagogik in Forschung Praxis, forderte: "Wir brauchen Werte, Vorbilder und Begegnungen", eine Forderung, der niemand ernsthaft widersprechen konnte.

Medien, Digitale Gesellschaft, Mobilität, Innovation
Karl Heinz Keil
Leiter