Die Erfolgschancen für Populismus, hängen ab von Angebot und Nachfrage, so Prof. Dr. Kneuer in ihrer Einführungsrede. Eine Strategie populistischer Mobilisierung mit charismatischen Anführern einerseits und eine für Polarisierung und populistische Aufladung empfangsbereite Öffentlichkeit auf der anderen Seite bildeten einen guten Nährboden. Krisen, ob in der Wirklichkeit oder nur in der Wahrnehmung vorhanden, schafften Gelegenheitsfenster, die Populisten geschickt für ihre Zwecke nutzten. Populismus sei kein neues Phänomen. Etablierte Parteien sollten daher nicht in Panik verfallen und vor allem auf das Kopieren von populistischen Zielen und Ideen verzichten. Andererseits sei Populismus auch ein Indiz für ein gesellschaftspolitisches Funktionsdefizit und zwinge politische Akteure im positiven Sinne zu einer kritischen Selbstdiagnose.
Arjen Siegmann bestätigte, dass auch die niederländische PVV und ihr Vorsitzender Geert Wilders dieses Muster geschickt bediene. Obwohl es den Niederlanden wirtschaftlich gut gehe sei hier gleichermaßen eine steigende Vertrauenskrise in etablierte Systeme zu beobachten. Zugleich neu und gefährlich und offensichtlich erfolgversprechend, sei die zunehmende Akzeptanz gegenüber europafeindlichen Parolen und offenem Ausländerhass. Federico Reho sprach in seinen Ausführungen über kulturelle und strukturelle Auslöser für die wachsende Empfänglichkeit gegenüber populistischen Kommunikationsformen und Inhalten. Die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft führe zu einer Entwurzelung, die sich auch im Mitgliederschwund der traditionellen Parteien zeige. Dadurch werde deren Bündelfunktion erheblich geschwächt. Als weitere mögliche Gründe für die Entfremdung führte er die zunehmende Verlagerung politischer Entscheidungsgewalt auf die Justiz- und Verwaltungsebene sowie die wachsende Divergenz zwischen progressiven Metropoleliten und traditionell konservativ geprägter Landbevölkerung an. Für Kneuer stellt die derzeit beobachtete nationalistische Anstachelung durch Populisten sowohl für die EU als Ganzes als auch für seine Mitgliedstaaten eine besondere Bedrohung dar.
Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass auch die Instrumentalisierung Sozialer Medien zum Erfolg populistischer Kommunikation beigetragen hat. Polarisierung, zugespitzte Kommentare und emotional aufgeladene Sprachmuster erfreuten sich im Netz größter Beliebtheit. Auch hätten sich die Hemmschwellen für Beleidigungen und Protest gegen etablierte politische Akteure abgesenkt, wie Prof. Kneuer belegte. Diesem Vorgehen könne man politisch nur durch die Wiederherstellung von Vertrauen und durch die Rückkehr zu fundierter, faktenbasierter und selbstkritischer politischer Kommunikationskultur entgegentreten.