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Starke Frauen Starke Worte. Im Gespräch mit Petra Sandles

Autor: Dr. Susanne Schmid

Die Vizepräsidentin des Bayerischen Landeskriminalamtes, Petra Sandles, war am 22. Februar 2016 zu Gast und gab den rund 180 Zuhörern einen Einblick in ihr Leben und Wirken. Prof. Ursula Männle verwies in ihrer Begrüßungsrede auf das 6-jährige Bestehen dieser anhaltend erfolgreichen Veranstaltungsreihe.

Ursula Männle, Günther Beckstein, Petra Sandles, Daniela Arnu, Susanne Schmid

Die Einstiegsfrage der Moderatorin hatte gleich tagesaktuellen Bezug: Im sächsischen Clausnitz wurde anhand von Videos dokumentiert, wie eine pöbelnde Menschenmenge einen vor einer Asylunterkunft ankommenden Bus mit Flüchtlingen stoppte. Als die verängstigten Fahrgäste nicht aussteigen wollten, brachte sie die Polizei unter Anwendung unmittelbaren Zwangs aus dem Bus in die Unterkunft. – War diese Zwangsanwendung gerechtfertigt oder nicht?

Petra Sandles antwortete darauf, dass die Medien die Vorkommnisse meist nur ausschnittsweise wiedergeben, man jedoch die Gesamtumstände kennen muss, um sich ein Urteil bilden zu können. Wir wissen zum Beispiel nicht, ob zu befürchten war, dass aus der Menge Brandsätze auf den Bus geworfen werden, also akute Lebensgefahr für die verbliebenen Businsassen bestand. Wäre dem so, dann hätten die Beamten Zwang angewandt, um die Flüchtlinge schnellstmöglich – auch gegen ihren Willen – aus der Gefahrenlage ins sichere Haus zu bringen. Erst nach einer differenzierten Situationsanalyse kann man hier ein Urteil fällen, so Sandles. Auch gilt zu bedenken, dass Beamte bei der Bewertung einer Gefahrensituation schnell handeln müssen, gesicherte und umfasssende Informationen zur Lage hat man jedoch erst im nachhinein, das heißt wenn die Gefahr vorüber ist. Um ad hoc auf jedweder Situation vorbereitet zu sein, wird mit den Beamten regelmässig in Simulationsübungen polizeiliches Einschreitverhalten trainiert. Des Weiteren sind psychologische und interkulturelle Schulungen Bestandteil der 3-jährigen Polizeiausbildung.

Petra Sandles, Vizepräsidentin des Bayerischen Landeskriminalamtes

Nun kam die Moderatorin auf den Lebenslauf von Petra Sandles zu sprechen: 1979 machte sie in Geretsried Abitur, 1981 trat sie beim Polizeipräsidium München in den Polizeidienst ein. – Warum haben Sie sich nach dem Abitur für die Polizei entschieden?, wolle die Moderatorin wissen. Aufgrund meiner Neugier, antwortete Sandles. Sie war schon als 7-jährige von der Sendung „Aktenzeichen xy“ fasziniert und mochte Polizeiromane. Nach dem Abitur hat sie sich aus dem Jobcenter Informationen über den Polizeidienst und über Archäologie mitgenommen – was evtl. bereits ein Hinweis auf ihre spätere Tätigkeit bei der Kriminalpolizei war. Die Entscheidung fiel dann kurzfristig und spontan: sie bewarb sich erst eine Woche vor Bewerbungsschluss bei der Polizei. Ihre Eltern haben ihr bei der Berufswahl freie Entscheidung gelassen.

Neun Jahre arbeitete Petra Sandles als Expertin für Tötungsdelikte, Geiselnahmen und Verbrechensbekämpfung beim Polizeipräsidium München. "Gefiel Ihnen die Tätigkeit bei der Kriminalpolizei?", fragte die Moderatorin. Das Tätigkeitsspektrum lag ihr. Schnell lernte sie, Todesursache und Täter zu ermitteln und Tatmotive zu analysieren – aber auch, am Tatort das Leid auszublenden. Sie versuchte zu ergründen, „was einen Menschen dazu bringt, einem anderen das Wichtigste zu nehmen, was er hat – nämlich sein Leben“.

Daniela Arnu (Moderation), Petra Sandles

Petra Sandles‘ nächste Station war von 1993 bis 2004 das Bayerische Innenministerium. Dort arbeitete sie im Fachbereich Kriminalitätsbekämpfung, den sie ab 1999 als Kriminaldirektorin leitete. 2004 wechselte Petra Sandles ans Bayerische Landeskriminalamt (BLKA), 2008 wurde sie zur dortigen Polizeivizepräsidentin ernannt. Petra Sandles erlebte einen rasanten Aufstieg. Schnell war sie nicht mehr für 12 Mitarbeiter, sondern, als Vizepräsidentin des BLKA, für 1.600 Mitarbeiter verantwortlich. Ihre Intelligenz, Kompetenz, ihr Engagement und ihr Teamgeist haben sie dorthin gebracht.

Zur Frauenrolle gefragt, antwortete Sandles, dass sie als eine von wenigen Frauen bei der Polizei bayernweit rasch bekannt war. Das hatte Vor- und Nachteile. Ihr Frausein hat bei der Polizei jedoch keine größere Rolle gespielt, weil von allen Mitarbeitern Fachkenntnis, Verantwortung und hohe Leistungsbereitschaft gefordert wurden.

Petra Sandles ist ledig und kinderlos. Eine Familie habe sich nicht ergeben, das wäre mit ihrer steilen Karriere aber wahrscheinlich auch schwer vereinbar gewesen, so Sandles. Wer bei der Polizei Personalförderkonzepte durchläuft, muss drei Mal sechs Monate an einer Dienststelle andernorts arbeiten. Längere Abwesenheitszeiten von der Familie wären für junge Mütter jedoch kaum realisierbar.

Das interessierte Publikum

Petra Sandles wollte schon als Kind immer nach München und will von dort beruflich auch nicht mehr weg. Ihre Urlaube verbringt sie in einem Ferienhaus in Ungarn, das sie zusammen mit ihrer Schwester besitzt und wo sie Pferde und Katzen halten.

Zum Ende des Gesprächs fragte die Moderatorin: Wie stellt sie sich Ihren Ruhestand vor? Sie freue sich auf mehr Selbstbestimmung und mehr Zeit für ihre Hobbies, so Sandles. – Vielleicht zieht sie auch in ihr Ferienhaus in Ungarn.

Petra Sandles ist eine hochkompetente, mutige und starke Frau, für die Beruf immer auch Berufung war.

Gesellschaftliche Entwicklung, Migration, Integration
Dr. Susanne Schmid
Leiterin