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Partnerschaft mit Amerika
Neue Impulse in den transatlantischen Beziehungen

International sinkt das Vetrauen in Donald Trump. Doch die Signale aus Washington bleiben widersprüchlich: Während der Präsident an seiner America-First-Rhetorik festhält, navigiert die US-Administration zwischen Isolationismus, militärischem Unilateralismus und Festhalten an reformierten Bündnisstrukturen. Christian Schmidt sprach sich jetzt für neue Impulse in den transatlantischen Beziehungen aus.

Im Anschluss an seine Termine bei den Vereinten Nationen in New York reiste Bundesminister a.D. Christian Schmidt, stellvertretender Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung, für ein eintägiges intensives Gesprächsprogramm am dritten Oktober nach Washington, um mit Senatoren und führenden Thinktank-Vertretern neue Impulse in den transatlantischen Beziehungen zu setzen. Ein guter Rahmen, um den Amerikanern für ihre wertvolle Unterstützung auf dem Weg zur deutschen Einheit zu danken, und daran zu erinnern, wie wichtig US-Engagement für Frieden und Stabilität in der Welt ist.

Schmidt und Johnson vor einem Bild auf dem "Wisconsin" geschrieben steht

Senator Ron Johnson aus Wisconsin (links): „Der US-Kongress steht vorbehaltlos zur NATO“

Forstner; HSS

Gemeinsame Politik gegenüber Russland und China

Senator Ron Johnson aus Wisconsin machte deutlich, dass der US-Kongress vorbehaltlos zum NATO-Bündnis steht und die Irritationen über die US-Außenpolitik fast ausschließlich mit den Bemerkungen des Präsidenten zu tun haben. Zu den wichtigen gemeinsamen Aktionsfeldern zwischen Amerika, Europa und Deutschland zählte der erfahrene US-Außenpolitiker die westliche Geschlossenheit in der Russland-Politik. Russland sei eine Gefahr für den Frieden in Europa und werde zu Recht in der US-Sicherheitsstrategie zusammen mit China als globaler Konkurrent eingestuft. Auch gegenüber China müsse der Westen eine härtere Gangart einschlagen. Für Ken Weinstein, Präsident des Hudson Institute, liegt darin eine Chance für einen engen Stiftungsdialog. Mehr und mehr werde jetzt erkennbar, dass China das eigentliche Ziel der amerikanischen Außenpolitik sei. Entgegen der weitläufigen Meinung sei die Trump-Administration nicht auf dem Kurs eines globalen Rückzugs, sondern strebe einen Mittelweg zwischen Isolationismus und militärischem Imperialismus an. In sich ist die US-Regierung aber gespalten. Einem nationalistischen Lager, zu dem der Präsident gehört, stehen mäßigende Kräfte gegenüber, die auf Partnerstrukturen und Allianzen setzen. Vor allem führende Außenpolitiker im Kongress versuchen, Amerika auf verlässlichem transatlantischen Kurs zu halten.

Weltweit geraten die gemeinsamen westlichen Werte unter Druck, Freiheitsrechte werden eingeschränkt und die Zivilgesellschaft vielerorts unterdrückt. Doch es gibt auch Lichtblicke, auf den Malediven, in Äthopien, Usbekistan und Armenien zum Beispiel, wo demokratische Reformen umgesetzt wurden und sich die politische Kultur positiv entwickelt. Eindringlich plädierte Dan Twining, Präsident des International Republican Institute, dafür, gemeinsame Handlungsfelder zu nutzen, um die transatlantische Schlagkraft bei der Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und guter Regierungsführung zu stärken. Es sei auffallend, wie gering die Soft Power Chinas und Russlands demgegenüber sei.

Deutschlands militärische Verantwortung

So wichtig die zivilen Mittel in der Außenpolitik seien, so unvermeidlich seien gelegentlich aber auch militärische Maßnahmen. Der Syrien-Krieg führe dies deutlich vor Augen. Bei der Einrichtung von sicheren Zonen in Syrien müsse auch Deutschland eine substantielle Rolle übernehmen. Insgesamt sei es sicherheitspolitisch nicht länger hinzunehmen, dass Deutschland so wenig in seine militärischen Fähigkeiten investiere und existenzielle Fragen seiner eigenen Sicherheit in fremde, das heißt amerikanische Hände lege. Diese Forderung sei Konsens in Washington und habe nichts mit der Person Donald Trumps zu tun. Laut Christian Schmidt könne Deutschland zwar für sich in Anspruch nehmen, dass man in der Entwicklungszusammenarbeit sehr aktiv sei und über all die Jahre hinweg weit über 100.000 Soldaten nach Afghanistan entsandt habe. Doch Deutschland müsse bei den Militärausgaben am 2%-Ziel der NATO festhalten und dürfe sich nicht mit weniger zufrieden geben.

Neuer Handelsvertrag mit Europa?

Wohlwollend wurde im Kongress registriert, dass das Handelsabkommen NAFTA mit Kanada und Mexiko erfolgreich neu verhandelt wurde. Hoffentlich sorge dies für genügend Schwung, so Senator John Boozman aus Arkansas, um auch die Handelsbeziehungen mit Europa auf eine zukunftsfähige Grundlage zu stellen. Allerdings müssten die Amerikaner lernen, dass es auch win-win-Situationen gebe, dass also alle Beteiligten profitieren sollten und nicht nur einseitige US-Interessen durchgesetzt werden dürfen, so Schmidt. Die transatlantische Kooperation lebt von persönlichen Beziehungen insbesondere zwischen Außen- und Sicherheitspolitikern. Dem parlamentarischen Dialog kommt dabei eine immer wichtigere Bedeutung zu. Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Gespräche lautet: auf die transatlantische Agenda gehören nicht nur außenpolitische Themen, sondern auch gesellschaftspolitische Entwicklungen wie das Anwachsen populistischer Strömungen, die auffallende Schwäche traditioneller großer Parteien oder das wachsende Anti-Establishment-Denken. In Deutschland profitiere man insgesamt noch von der guten Wirtschaftslage. Schwer vorstellbar, wie die Stimmungslage wäre, wenn es wirtschaftlich bergab geht. Klar ist heute: Die Bürger verlangen nach Teilhabe am politischen Prozess und erwarten verantwortliche Führungskraft von der politischen Elite. Das Brexit-Chaos auf britischer Seite sei warnendes Beispiel für unkalkulierbare Entscheidungen. Jedenfalls gibt es auf beiden Seiten des Atlantiks keinen Anlass, mit dem Finger auf den anderen zu zeigen. Trump-Wahl und Brexit-Referendum sind zwei ähnlich gelagerte Phänomene.

 

Autor: Christian Forstner, HSS