Laurent Mosar, dessen Christlich-Soziale-Volkspartei (CSV) sich seit der letzten Wahl in der Opposition befindet, bezeichnete die Äußerungen von Außenminister Jean Asselborn von der Luxemburgischen Sozialistischen Arbeiterpartei (LSAP) gegenüber Österreich und Ungarn als nicht akzeptable "Polterpolitik", mache doch in der Diplomatie der Ton die Musik. Anstatt dessen, so Mosar, solle Luxemburg unter Freunden auf Dialog setzen und strittige Punkte im EU-Ministerrat ansprechen.
Asselborn hatte von rechtsnationalem Gedankengut gesprochen, nachdem sein österreichischer Amtskollege Sebastian Kurz in der Flüchtlingspolitik vorgeschlagen hatte, die EU solle sich am australischen Modell orientieren. Danach werden Flüchtlinge während des laufenden Asyl-Verfahrens auf einer Insel vor der australischen Küste festgehalten. Was Ungarn betrifft, so hatte Asselborn wegen dessen Flüchtlingspolitik den Ausschluss aus der EU gefordert. Die CSV, so Mosar, stehe für eine ganzheitliche Migrationspolitik mit Vernunft und Herz, für Solidarität und Sicherheit, für ein offenes Luxemburg in einem offenen Europa. Seine Partei sehe Europa als einen Einwanderungskontinent, der zudem seinen fairen Asyl-Anteil übernehmen müsse. Gleichwohl brauche Europa sichere Außengrenzen und legale Migrationswege, um „käufliches Asyl“ zu vermeiden. Das Dublin-System möchte die CSV reformieren, wobei Quoten unerlässlich blieben. Die Bekämpfung von Krieg und Armut als Migrationsursache möchte die CSV vor Ort angehen, so der außenpolitische Sprecher der CSV-Fraktion. Dazu gehörten auch die Stabilisierung des Mittelmeerraums und eine enge Kooperation mit Afrika.
Mit Blick auf den Austritt des Vereinten Königreichs aus der EU sagte Mosar, die verbleibenden 27 Mitgliedsstaaten müssten diesen Schritt respektieren. Gleichzeitig warb er für Vorsicht in den Brexit-Verhandlungen. Zum einen stehe die Zukunft der EU auf dem Spiel, zum anderen blieben London und Brüssel auch weiterhin wirtschaftlich eng verflochten. Wesentlich sei für Luxemburg, so Mosar, dass Großbritannien Vorteile nicht ohne Verpflichtungen genießen könne. In diesem Rahmen könne der britische Finanzsektor gerne Geschäfte innerhalb der EU machen. Ein Rosinenpicken scheide in jedem Fall aus, so der CSV-Außenpolitiker. "Europa ist mehr als ein Binnenmarkt oder eine gemeinsame Währung. Die EU ist eine Wertegemeinschaft von Freiheit, Frieden, Fortschritt, Gleichheit und Solidarität." Im Weiteren führte er aus, diese Werte seien das Wertvollste, das Europa an künftige Generationen weitergeben könne. Diese Werte gelte es auch innerhalb der westlichen Wertegemeinschaft zu verteidigen. Weder zum Jahrhundertprojekt EU noch zur NATO gebe es eine Alternative, so Mosar. Priorität habe gegenwärtig die Stabilität des Euros und die Sicherheit des Schengen-Raums. Die CSV lehne sowohl ein Europa „à la carte“ als auch einen zentralistischen Superstaat ab. „Was vor Ort geklärt werden kann, darüber muss Brüssel nicht entscheiden“, brachte Mosar das Subsidiaritätsprinzip auf den Punkt. Langfristig bleibe ein föderales Europa die Vision der CSV.
Hinsichtlich aktueller Äußerungen von US-Präsident Donald Trump sagte der CSV-Politiker, er führe diese darauf zurück, dass Trump am Beginn seiner Amtszeit stehe. Mosar erwartet eine langsame Rückkehr zu traditionelleren Positionen, denn der Chef des Weißen Hauses benötige zur Umsetzung seines Programms die Mehrheit im Kongress. Deshalb müsse er sich sowohl mit den Republikanern als auch den Demokraten arrangieren. Im Gespräch mit der HSS gestand Mosar ein, dass US-Präsident Trump mit seiner Aussage, die EU sei ein zahnloser Tiger, ein Stück weit recht habe. Auf die Dauer genüge eine Diplomatie mit ausschließlich sanften Machtmitteln nicht. Eine Folge davon sei, dass die EU in Syrien bislang ohne konkrete Rolle bleibe, auch weil eine konkrete Strategie des Westens, der hier eindeutig versagt habe, fehle. Langfristig, so Mosar, müsse die EU eigene militärische Streitkräfte aufbauen. Der Brexit könne daher ein Vorteil sein, denn in der Vergangenheit sei es London gewesen, welches eine EU-Verteidigungspolitik blockiert habe. Brüssel müsse bereits jetzt Strukturen zum Schutz der EU-Außengrenzen entwickeln.
Sorgen bereitet der CSV der Export des radikalen Islam. Deshalb müsse der Westen seine Politik gegenüber Saudi-Arabien und Katar überdenken, stehe doch eine Finanzierung des „Islamischen Staats“ durch diese beiden Länder in Rede, so Mosar. Darüber habe Asselborn in seiner Stellungnahme kein Wort verloren. Daneben kritisierte der CSV-Politiker den luxemburgischen Außenminister für dessen Schweigen über die Verfolgung von Christen im Orient. Gleichzeitig beziehe Asselborn im Nahostkonflikt einseitig für Palästina Position und kritisiere ausschließlich Israel. Die CSV bevorzuge dagegen weiterhin die Zweistaatenlösung und dies bedeute, dass man sowohl die Siedlungspolitik Netanjahus als auch die Politik der palästinensischen Hamas ablehne. In der Türkei-Politik setzte sich Mosar ebenso deutlich von Asselborn ab. Der CSV-Politiker forderte, die EU-Beitrittsverhandlungen auf Eis zu legen, während der Außenminister diese Frage offen ließ. Was die Auszahlung von Fördergeldern an Ankara betrifft, so begrüßte Asselborn deren Kürzung, Mosar möchte sie hingegen komplett stoppen.