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Interview mit Generalsekretär Christian Kattner
Internationale Demokratische Union

Das Treffen der IDU in Los Angeles stand ganz im Zeichen der anstehenden Midterm-Wahlen in den USA. Größte Herausforderung für die Republikaner: ihre Basis mobilisieren obwohl Präsident Donald Trump nicht zu Wahl steht.

Unter dem neuen Vorsitzenden Stephen Harper gewinnt die IDU inhaltlich und organisatorisch an Fahrt. Dazu trägt maßgeblich auch der Generalsekretär Christian Kattner bei, der die logistischen Zügel fest in der Hand hält und sehr enge Arbeitskontakte zu den über 80 Mitgliedsparteien aus der ganzen Welt hält. Gute Tagungsvorbereitung, interessante Themensetzung und die kluge Auswahl des Konferenzortes in der Ronald-Reagan-Library in Kalifornien sorgten für eine erfreuliche Zahl von kanpp 100 Teilnehmern aus Europa, USA, Kanada, Lateinamerika, Afrika, Australien und Asien.

Zwei Männer in guten Anzügen im Gespräch

IDU-Vize David McAllister im Gespräch mit dem Vorsitzenden Stephen Harper (rechts)

HSS

Breiten Raum nahm die Debatte zur Lage in Amerika im Vorfeld der Midterm Wahlen am 6. November ein. Zur Wahl stehen alle 435 Mitglieder des Repräsentantenhauses und ein Drittel der Senatoren. Trump-nahe US-Experten wie Jeff Larson, Präsident der Organisation America Rising, machten deutlich, wie heftig der Gegenwind für die Republikaner derzeit ist. Traditionell verliert die Regierungspartei bei Midterms. Die Krux im November besteht für Larson jetzt darin, die Trump-Basis an die Urne zu bringen, ohne dass Donald Trump zur Wahl steht. Denn in dem erwarteten knappen Rennen wird die Mobilisierung der überzeugten Republikaner wahlentscheidend sein. Die Republikaner sind jedoch gespalten: ein Teil steht geschlossen zu Donald Trump, ein Teil nur widerwillig und mit großen Bauchschmerzen, ein Teil lehnt den eigenen Präsidenten offen ab. Manche Insider geben das Repräsentantenhaus für die Republikaner bereits verloren, zumal die GOP (Grand Old Party / GOP ist die Abkürzung für die Republikaner) ohne klare Botschaft in die Midterms geht. Bedenkt man die Polarisierung in der Politik, die dazu führt, dass man der anderen Partei keinen Erfolg gönnt, stehen die Zeichen im Falle einer demokratischen House-Mehrheit auf Konfrontation bis hin zur Blockade der Regierungstätigkeit und Impeachment des Präsidenten.

Am Rande der IDU-Tagung führte unser Stiftungsvertreter in Amerika, Christian Forstner, ein Interview mit dem IDU-Generalsekretär Christian Kattner.

Kattner spricht engagiert am IDU-Rednerpult

"Als bürgerlich konservative Parteien müssen wir die Probleme und Sorgen der Bürger aufgreifen und nachvollziehbare Lösungen anbieten." (IDU-Generalsekretär Christian Kattner)

HSS

HSS: Sehr geehrter Herr Generalsekretär, die International Democratic Union (IDU) ist die globale Allianz der Mitte-Rechts, konservativen und bürgerlichen Parteien. Ihr gehören über 80 Parteien aus Amerika, Europa, Afrika, Asien und Australien an. Wo liegen die Power und die Schlagkraft dieser Parteivereinigung?

Christian Kattner: Die International Democrat Union wurde vor 35 Jahren auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges gegründet, um ein starkes ideologisches Gegengewicht zu den kommunistischen Staaten des Warschauer Paktes zu schaffen. Die IDU repräsentiert als globale Dachorganisation eine Vielfalt unterschiedlicher Parteien, die sich auf politischen Grundüberzeugung wie die Einhaltung der  universellen Menschenrechte, eine liberale Marktordnung, Rechtsstaatlichkeit und eine freiheitlich demokratische Gesellschaftsordnung berufen. Auf dieser Grundlage bildet die IDU ein homogenes Netzwerk aus mehr als 80 Parteien. Die IDU ist drüber hinaus mit 6 Regionalorganisationen auf allen Kontinenten präsent und in 22 Länder stellen IDU Parteien den Regierungschef bzw. die jeweilige Regierung. Im demokratischen Mitte-Rechts-Spektrum ist die IDU die einzige Organisation, die eine Art "volksparteilichen" Ansatz verfolgt, d.h. wir decken die gesamten Strömungen von bürgerlich liberalen und christdemokratischen bis hin zu klassisch konservativen Parteien unter unserem Dach ab. Die IDU ist eine Plattform, die sich auf höchster politischer Ebene über globale Trends austauscht und Konzepte für internationale Parteienzusammenarbeit erarbeitet. Als Netzwerk schulen wir Parteien in moderner Wahlkampftechnik und unterstützen unsere Mitglieder aus Ländern wie Venezuela oder Nicaragua, damit sie nicht durch autokratische Regime gänzlich aus dem öffentlichen Leben verbannt werden. 

HSS: In den Diskussionen während der IDU-Sitzung wurde deutlich, dass Volksparteien und politische Institutionen weltweit unter Druck stehen. Populisten von links und rechts bieten einfache Lösungen für schwierige Probleme an. Worin sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen für die IDU-Parteien? Gibt es übergreifende Antworten aus dem bürgerlichen Parteienlager auf diese Probleme? Oder ist die Ausgangslage in Chile und der Mongolei, in Deutschland und in Nigeria, zu unterschiedlich, als dass man zu gemeinsamen Schlussfolgerungen über die globale Instabilität kommt?

Das Erstarken von extremen populistischer Gruppierungen und Parteien links wie rechts ist eine Herausforderung, der sich eine Vielzahl unserer IDU Mitgliedern in ihren Heimatländern stellen muss. Die Herausforderungen sind graduell unterschiedlich. Während in eher angelsächsisch geprägten Ländern unter Populismus nicht per se etwas Negatives, sondern eher eine volksparteiliche Bewegung verstanden wird, so sind Populisten in Europa vor allem im Spektrum der extremen Linken und Rechten anzutreffen. In Bezug auf den politischen Druck von Populisten aus den extremen politischen Richtungen rate ich uns, dass wir nicht über jede Stöckchen springen, das uns hingehalten wird. Der Populismus der extremen Linken und extremen Rechten lebt allein von Provokation und vermeintlich einfachen Antworten auf komplexe Sachverhalte in einer globalisierten Welt. Als bürgerlich konservative Parteien müssen wir die Probleme und Sorgen der Bürger aufgreifen und nachvollziehbare Lösungen anbieten. Gegebenenfalls müssen wir auch den Mut aufbringen, Entscheidungen, die sich als unzureichend erwiesen haben, zu korrigieren. Aber vor allem müssen wir unsere Entscheidungen offen und nachvollziehbar gegenüber unseren Mitbürgern kommunizieren. Gleichzeitig müssen wir uns mit den Thesen und Behauptungen der extremen Populisten auseinandersetzen, in sachlicher und ruhiger Art. Ein Ignorieren dieser politischen Entwicklung ist meiner Ansicht nach der falsche Weg und führt nur dazu, dass diese Gruppierungen sich selber als Opfer und Märtyrer inszenieren.

Info - IDU:

Die Internationale Demokratische Union / IDU, wurde im Jahre 1983 gegründet. Heute gehören der IDU über 80 christdemokratische und konservative Parteien aus über 60 Ländern an. Vorsitzender der IDU seit März 2018 ist der internationale Spitzenpolitiker Stephen Harper, von 2006 bis 2015 Premierminister von Kanada. Gewählte Vizepräsidenten sind u.a. der CDU-Europapolitiker David McAllister und der erste Vize-Präsident des Bayerischen Landtags Reinhold Bocklet. Ziel der IDU ist es, einen Austausch der christlich-konservativen Parteien weltweit zu ermöglichen, das politische Profil zu schärfen und gemeinsame Handlungen auf den Weg zu bringen. Die IDU ist die einizige internationale Organisation dieser Art mit Mitgliedern aus der ganzen Welt. Die IDU unterhält eine Jugend- und Frauen-Unterorganisation.

HSS: Die Unzufriedenheit der Wähler scheint ein globales Phänomen zu sein, die Wahrnehmung der Realität ist bei den Menschen höchst unterschiedlich. Viel wurde auf der Tagung über die Identitätskrisen in der Gesellschaft gesprochen, hervorgerufen durch Globalisierung, Migration und Digitalisierung. Spiegelt sich diese Debatte auch in der bayerischen Landtagswahl wieder? Was lässt sich aus der IDU-Tagung für die Bayern-Wahl mitnehmen?

In Bezug auf Bayern-Wahl lässt sich feststellen, dass Diskussionen, die das Potential haben, Gesellschaften zu polarisieren, auch vor Bayern nicht Halt machen. Dabei steht Bayern im deutschen, europäischen und auch internationalen Vergleich hervorragend da. Die wirtschaftliche Dynamik, die Investitionen in Bildung und Familien und auch die Erneuerung der Infrastruktur sind Kennzeichen einer jahrzehntelangen erfolgreichen Politik der CSU. Darum schauen viele Parteien weltweit mit Neid auf Bayern. Aus dem internationalen Blickwinkel der IDU ist es wichtig, Globalisierung, Fortschritt und  technische Entwicklung als Chance für unsere Gesellschaft zu begreifen. Gerade im Bereich der Künstlichen Intelligenz, der Sozialen Medien und dem Schutz der digitalen Kommunikation gibt es eine Vielzahl von Herausforderungen, die vor allem auch aus Bayern heraus mit gestaltet werden können. Es geht um die Entwicklung und Steuerung globaler Trends, die einer gewissen Regulierung bedürfen, ohne aber gleichzeitig die Bürger und Unternehmen zu bevormunden. Kaum eine andere Region in Europa hat diese Chance und Möglichkeiten wie sie sich in Bayern bieten. Deshalb ist aus meiner Sicht Stabilität die wichtigste Voraussetzung für eine weitere positive Entwicklung in Bayern. Und für Stabilität in Bayern steht unser IDU-Gründungsmitglied CSU mit der geballten Regierungserfahrung und dem Zukunftsoptimismus.

HSS: Sehr geehrter Herr Kattner, vielen Dank für das Interview.