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Neue Verkehrskonzepte im Nahverkehr
Intelligente Mobilität ist auch, selber intelligent mobil zu sein

Die Bayerische Staatsregierung plant, wie zahlreiche Medien berichten, einen kräftigen Investitionsschub für den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV). Gestern Abend hat die HSS – ganz im Zeichen der Zeit – ihr 15. Münchner Verkehrspodium abgehalten. Thema war ebenfalls der Nahverkehr unter dem Motto Intelligent und innovativ.

Ausbau der Fahhradwege, Kombination von Rad und Bus oder U-Bahn oder vielleicht autonom fahrende Busse? Intelligente Mobilität bedeutet, die geschickte Koombination der Verkehrsmittel, darin waren sich die Fachleute einig.

Ausbau der Fahhradwege, Kombination von Rad und Bus oder U-Bahn oder vielleicht autonom fahrende Busse? Intelligente Mobilität bedeutet, die geschickte Koombination der Verkehrsmittel, darin waren sich die Fachleute einig.

Thomas Reiner; HSS

„Der Nahverkehr hat zwar den kleinsten Aktionsradius, steht aber dennoch vor größten Herausforderungen“, eröffnete Karl Heinz Keil von der HSS: Aufgrund weiterer Bevölkerungszunahme in den Ballungsräumen (allein München soll nach aktuellen Prognosen auf 1,85 Millionen Einwohner bis 2035 anwachsen), stetig zunehmenden Verkehrsaufkommen, gestiegenem Mobilitätsbedürfnis der Menschen und damit zusammenhängender zunehmender Umweltbelastung sind Lösungen für die Mobilität von morgen dringend erforderlich. Einen Beitrag dazu will auch die HSS leisten, indem sie Fachleuten und Publikum ein Forum zum Austausch bietet.

Kilian Kärgel beschreibt die neue Rolle der Münchner Verkehrsgesellschaft.

Thomas Reiner; HSS

Neues von der MVG

Kilian Kärgel (Münchner Verkehrsgesellschaft) sieht das Ziel der MVG vor allem darin, mit nachgefragten Angeboten einen Anreiz für die Bevölkerung zu schaffen, auf Fahrten mit dem eigenen KfZ freiwillig zu verzichten. Denn gute, kundenorientierte und einfache Mobilitätslösungen seien der Erfolgsfaktor für neue Mobilitätslösungen. Daran arbeite die MVG beständig, z. B. mit MVG-Rad, Mobilitätsstationen, Car-Sharing-Angeboten und EU-Projekten wie „Smarter together“ (EU-Projekt für Smart Cities), „City2Share“ (Modellquartiere für nachhaltige urbane Elektromobilität) oder „Civitas Ecccentric“ (EU-Testprojekt für neue Formen von Wohnen und Mobilität). So sei die MVG auch kein reines Verkehrsunternehmen mehr, sondern vielmehr auf dem Weg zum Mobilitätsdienstleister.

Gerrit Poel betonte, wir wichtig Elektrobusse für den städtischen Verkehr sind.

Thomas, Reiner; HSS

Bus statt Auto

Gerrit Poel (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) sieht die Busflotten als Teil der Lösung der Mobilität von morgen im Nahverkehr, nicht als Umwelt-Problem. Schließlich habe der ÖPNV einen kaum messbaren, verschwindend geringen Anteil an den Emissionen im städtischen Verkehr. Auch Diesel-Busse seien grundsätzlich saubere Verkehrsmittel: Durch die neue Abgasnorm Euro VI konnten sowohl Partikel-Emissionen (PM) als auch Stickoxid-Emissionen (NOx) im Vergleich zu vorher noch einmal deutlich verringert werden. Und zwar so, dass die Emissionen pro Fahrgast in einem modernem Euro-VI-Linienbus des ÖPNV de facto kaum noch relevant sind. Der ÖPNV sei dennoch der richtige Sektor für Elektromobilität, gerade in den Kernbereichen der Städte. Fahrzeuge könnten zentral im Busdepot geladen werden. Allerdings wären derzeit trotz zahlreicher Pilotversuche noch keine serienreifen E-Busse auf dem Markt. Daran werde aber weiter gearbeitet.

Laut Karl Rehrl geht es in derster Linie darum, die bestehende Infrastruktur besser zu nutzen.

Thomas Reiner; HSS

Zukunft autonomes Fahren

Karl Rehrl (Salzburg Research Forschungsgesellschaft) plädierte dafür, die bestehende Infrastruktur besser zu nutzen, weil ihr Ausbau an die Grenzen stieße. Zur besseren Nutzung der bestehenden Infrastruktur könne autonomes Fahren von Verkehrsmitteln beitragen. Das sei auch nicht neu, denn zahlreiche U-Bahnen würden bereits autonom fahren. Neu sei dieser Betrieb allerdings auf der Straße: In Salzburg, in Bad Birnbach und in Koppl seien entsprechende Kleinbusse im Testbetrieb, was gut funktioniere. Allerdings sei auch diese Technik noch lange nicht serienreif. Die Komplexität im Straßenverkehr stelle an die Entwicklung autonomer Systeme noch erhebliche, aufwändige Anforderungen.

Rauno Fuchs: "München ist unter den top drei Millionenstädten mit dem höchsten Radanteil."

Thomas Reiner; HSS

München ist Radlstadt

Danach geschah ein Zeitsprung aus der digitalen Welt des autonomen Fahrens zurück ins 19. Jahrhundert, als das Fahrrad erfunden wurde (1817). Rauno Fuchs vom ADFC wünscht sich, dass das Fahrrad wieder eine wichtige Säule des Nahverkehrs wird. München sei mit 17 Prozent Radanteil (2011) unter den Top drei der Millionenstädte. Der Anteil könnte dennoch steigen: 40 bis 50 Prozent aller Fahrten in der Stadt wären nicht länger als fünf Kilometer. Für diese Strecken könne man auch ohne weiteres aufs Rad steigen. Ausdrücklich lobte Fuchs das Radverkehrsprogramm 2025 des Freistaats Bayern, das Investitionen von 400 Millionen Euro vor allem in den Radwegebau entlang von Bundes- und Landstraßen vorsieht. Bis zum Jahr 2025 soll der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen in Bayern von gegenwärtig 10 Prozent auf 20 Prozent steigen. Fuchs nannte das ein mutiges Ziel. So mahnte Fuchs auch in der Stadt mehr Investitionen in die Radler-Infrastruktur an, unter anderem den Ausbau von Parkmöglichkeiten für Fahrräder, in Punkto Sicherheit die Möglichkeit für Radler, gleichwertig im Verkehr „mitschwimmen“ zu können und eine gerechtere Verteilung des öffentlichen Verkehrsraums.

Am Schluss bleibt der Appell: Intelligente Mobilität ist auch, selber intelligent mobil zu sein!

Es diskutierten:

Kilian Kärgel, Leiter der Sparte Multimodale Mobilität bei der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), Gerrit Poel, Geschäftsführer der Landesgruppe Bayern des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Dr. Karl Rehrl, Leiter Forschungsschwerpunkt Intelligente Mobilität von der Salzburg Research Forschungsgesellschaft und Rauno Andreas Fuchs vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC).

Leiterin Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Onlineredakion

Susanne Hornberger