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Archivale des Monats
Ein Brief zum 20. Juli

Am 20. Juli dieses Jahres jährt sich mit der Operation Walküre eine der bedeutendsten Widerstandsaktionen gegen das NS-Regime zum 80. Mal. Diesem Ereignis widmet das Archiv für Christlich-Soziale Politik auch das Archivale des Monats Juli – ein Brief an Franz Josef Strauß vom 20. Juli 1979.

Brief von Heinrich Lades an Franz Josef Strauß vom 20.07.1979, Seite 1

ACSP; HSS, ACSP, NL Strauß Fam : 509

Der 35. Jahrestag des Attentats von Graf Stauffenberg auf Adolf Hitler bot den Anlass für einen Brief von Heinrich Lades (1959 bis 1972 Oberbürgermeister von Erlangen) an seinen Freund Franz Josef Strauß, seit November 1978 Bayerischer Ministerpräsident. Mit Tinte auf Papier, handschriftlich und zweispaltig geschrieben, ist das Archivale auf den 20. Juli 1979 datiert. Lades bedankte sich für ein Schreiben des Ministerpräsidenten und ließ in seinem Brief einige Begegnungen mit Franz Josef Strauß Revue passieren:

„Ich denke heute zurück an jene Wochen vor 35 Jahren, als wir in Südbayern die ‚Aktion Walküre‘ vorbereiteten, als wir uns zum ersten Mal im Sitzungssaal des General-Kommandos in der Schönfeldstraße sahen und sprachen. Auf der wandgroßen Karte in meinem Dienstzimmer waren die einzelnen Standortbereiche mit ihren Truppenteilen, den besonders gefährdeten militärischen und wirtschaftlichen Einrichtungen und auch den Namen der beauftragten Offiziere eingezeichnet. Bei Schongau stand dein Name und m. W. ‚Heeresflakabt. soundso.‘

Brief von Heinrich Lades an Franz Josef Strauß vom 20.07.1979, Seite 2

ACSP; HSS, ACSP, NL Strauß Fam : 509

Als Begründung für die Vorbereitung der Aktion hatte das OKH ‚die Gefahr von Luftlandeunternehmen und inneren Unruhen‘ angegeben.

Die meisten von uns, die damals an der Besprechung teil nahmen, bei der ich als O1 [Ordonanzoffizier] des Genkods [gemeint ist das Stellvertretende Generalkommando VII] zu referieren hatte, waren sich aber klar über das eigentliche Ziel: die Chance der Beendigung des Kriegs zu nutzen – ohne Hitler.“ (HSS, ACSP, NL Strauß Fam : 509)

Diesen Schilderungen zur Folge, könnte der junge Leutnant Franz Josef Strauß zum äußeren Rand der Verschwörer im militärischen Widerstand in Südbayern gehört haben. Strauß war zum damaligen Zeitpunkt an der Flakschule IV in Altenstadt stationiert. In seinen Erinnerungen gibt Strauß an, im Frühjahr 1944 grob über die Pläne von Walküre und die Existenz einer Widerstandsgruppe innerhalb des Heeres unterrichtet und eigeweiht worden zu sein. Er sei vorgesehen gewesen, NS-Funktionäre in Schongau festzusetzen. Der Ordonanzoffizier Heinrich Lades soll Strauß ins Vertrauen gezogen haben. Der oben zitierte Ausschnitt aus dem Brief von Lades stützt Strauß Schilderungen. Auch findet sich in einem Fernschreiben des 20. Juli 1944 der Verschwörer aus dem Bendlerblock ein Befehl, in dem die Vollziehende Gewalt in den Wehrkreisen den Stellvertretenden Kommandierenden Generalen und den Wehrkreisbefehlshabern übertragen wird. Das würde zu den geschilderten Vorbereitungen der Aktion Walküre in Lades Dienstzimmer der Schönfeldstraße in München passen. Damals war dort das Stellvertretende Generalkommando VII untergebracht.

Ob Strauß und Lades wirklich gemeinsam an den Vorbereitungen für Walküre im Wehrkreis VII beteiligt waren, lässt sich nicht abschließend klären. Viele kleine Indizien, die sich wie Puzzleteile zusammenfügen, lassen es aber vermuten. Eines dieser Puzzleteile ist der oben zitierte Textausschnitt.

 

Beitrag von Florian Nierle, Werkstudent im Archiv für Christlich-Soziale Politik