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Cappuccino-Modell, Drei-Säulen, eine für alle?
Die Zukunft der gesetzlichen Rente

Autor: Konrad Teichert

Ist die Rente noch sicher? Eine gefährliche Gemengelage aus niedrigen Geburtenzahlen, steigenden Kosten und unklarer Finanzierungslage der Rentenkassen zwingt dazu, sich damit zu beschäftigen. Ein Beitrag zur politischen Debatte.

Die Rente ist sicher! Aber gilt dieser Ausspruch des früheren Ministers Norbert Blüm noch, wo doch die Themen demografischer Wandel und Altersarmut die aktuelle Rentendiskussion prägen? Tatsache ist, dass das Vertrauen in die gesetzliche Rente gesunken ist und die Bürger zu Recht Lösungen erwarten: Welche Auswirkungen haben die aktuellen Entwicklungen auf die Zukunft der Rente und der Altersvorsorge. Welche tragfähigen Zukunftskonzepte gibt es auf die Herausforderungen des demografischen Wandels, gerade bei der Finanzierung der Rentenkassen?

Älterer Herr, gepflegte Erscheinung, geübt entschlossener Ausdruck, hält eine Ansprache mit ernstem Gesicht.

Dr. Peter Witterauf (Generalsekretär der Hanns-Seidel-Stiftung) freute sich über den Beitrag zur politischen Diskussion. Die HSS etabliert sich als Impulsgeber für die öffentliche Debatte.

Pantke; HSS

Wie tragfähig ist die Rente?

Klar ist, dass die demografische Entwicklung und Altersarmut, trotz aktuell noch niedriger Zahlen, eine Entwicklung ist, mit der man sich intensiv beschäftigen muss. Wenn man nämlich über Reformen und Änderungen spricht, müssten letztendlich 50 Millionen Bürger damit einverstanden sein, die hiervon unterschiedlich betroffen sind, so Prof. Dr. Wolfgang Schröder von der Universität Kassel.  Wie tragfähig die Rente für die kommenden Generationen sein kann, hängt von mehreren Faktoren ab, die man nicht einzeln, sondern nur in gegenseitiger Abhängigkeit betrachten sollte: Die Entwicklung am Arbeitsmarkt und der Wirtschaft. Außerdem beeinflussen unter anderem demographische und familienpolitische Herausforderung die Rahmenbedingungen. 

Dabei war es Dr. Natalie Brall vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales besonders wichtig zu unterstreichen, dass sich die grundsätzlichen Ziele der Alterssicherungspolitik, nämlich Erhaltung des Lebensstandards und nicht Armutsvermeidung,  trotz veränderter Rahmenbedingungen nicht geändert haben. Wichtig dafür sei das „drei-Säulen-Prinzip“ der Altersvorsorge, also die gesetzliche Rente, Betriebsrente und die private Vorsorge (z.B. Riester Rente).

Frau mit nach außen gehaltenen Handflächen illustriert offenbar gerade einen retorischen Punkt.

Grundsätzliche Ziele der Rentenpolitik unverändert (Dr. Natalie Brall, Leiterin des Referats „Grundsatzfragen der Rentenversicherung“ im Bundesministerium für Arbeit und Soziales). Es geht um die Erhaltung des Lebensstandards im Alter und nicht nur um Armutsvermeidung.

Pantke; HSS

Als wichtige Stellschrauben, die in der Sondierungsvereinbarung von Union und SPD festgehalten wurden, griff Brall vier Felder heraus: das Rentenniveau und die Beitragssätze für Angestellte und Arbeitgeber, die Absicherung für Geringverdiener und die Erwerbsminderungsrente. Außerdem spiele die Absicherung von Selbständigen und die Mütterrente eine wichtige Rolle. Diese Felder wurden in der Sondierungsvereinbarung zwischen Union und SPD konkrete Schritte vorgesehen. In den jetzt laufenden Koalitionsverhandlungen werden diese jetzt abschließend ausverhandelt. Es geht laut neusten Informationen um eine Verbesserung der Erwerbsminderungsrente, die Ausweitung der Mütterrente für Frauen, die drei oder mehr Kinder vor 1992 bekommen haben, sowie um eine geplante Pflicht-Absicherung für Selbstständige. 

Cappuccino-Modell 

Ein alternatives Konzept ist das Cappuccino-Modell der katholischen Verbände, das als Impuls für die aktuelle Rentendebatte analysiert wurde. Auch hier gibt es drei Teile, die wie ein Cappuccino aufeinander aufbauen, wie Herr Andreas Luttmer-Bensmann, Bundesvorsitzender der Katholischen Arbeitnehmer Bewegung ausführlicher erläuterte: 

  1.  eine als solidarische Bürgerversicherung gedachte Sockelrente

  2. eine Pflichtversicherung für alle Erwerbstätigen

  3. betriebliche und private Altersvorsorge

Eine Powerpoint-Präsentation mit dem Bild einer Cappuccino-Tasse

Alle Erwerbstätigen sollen nach dem Cappuccino-Modell Rentenansprüche aufbauen können.

HSS

Ein Konzept mit dem sich auch der CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Unterländer grundsätzlich anfreunden kann. Entscheidend sei, so der Abgeordnete, dass ein zukunftsfähiges Rentenkonzept konsequent zu Ende gedachte werden müsse. Nicht nur kleine Schritte, sondern eine Reform sei wichtig, welche die unterschiedlichen Sozialsysteme berücksichtigt und miteinander abstimmt. 

Die Frage nach der Zukunft der gesetzlichen Rente stellt sich mehr denn je, denn die Anzahl der Rentner steigt stetig und diese werden zudem immer älter, so eine der vielen Wortmeldungen aus dem Publikum, die deutlich machten, wie sehr dieses Thema vielen Bürgern unter den Nägeln brennt. Ab dem Jahr 2020 beginnen die ersten der zahlreichen Baby-Boomer (Geburtenjahrgänge 1955 bis 1969) in den Ruhestand zu wechseln. Schwierig werde es auch sein, so Unterländer, die explodierenden Mietkosten in den Ballungsräumen angemessen zu berücksichtigen.

Gruppe vor einer HSS-Stellwand

Die Referenten in die Mitte genommen von Konrad Teichert (HSS, links) und Dr. Peter Witterauf.

Pantke; HSS

Die Jüngeren sind betroffen, die Älteren diskutieren

Eine Rentenreform ist keine leichte Aufgabe und betrifft Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Rentner gleichermaßen. Ganz abgesehen von den Kosten einer Übergangszeit. Es ist nachvollziehbar, dass Union und SPD eine Rentenkommission einsetzen wollen, in der auch Sozialpartner und Wissenschaftler vertreten sein sollen, um bis März 2020 konkrete Vorschläge zu erarbeiten.  Das Thema „Zukunft der Rente“ wird uns weiterhin beschäftigen und der Handlungsspielraum bei der Gestaltung auch von den Rahmenfaktoren, wie Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsentwicklung oder Demographie, abhängen. Ein Thema, das vor allem die jüngeren Generationen betrifft, aber die älteren Generationen diskutieren.

INFO: Um einen Beitrag zur aktuellen politischen Diskussion zu leisten hat die Hanns-Seidel-Stiftung in Kooperation mit dem Bildungswerk der Katholischen Arbeiterbewegung des Diözesanverbandes München-Freising, das Thema Rente diskutiert. Im Rahmen der öffentlichen Podiumsdiskussion am Donnerstag, 01.02.2018, diskutierten Experten aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft im Konferenzzentrum der Stiftung in München.

 

Wirtschaft, Finanzen, Arbeit, Soziales
Konrad Teichert
Leiter