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Die Mongolei - ein Vorbild für die Region

Wie hat sich der schwierige Prozess zu Demokratie und Marktwirtschaft seit 1990 in der Mongolei vollzogen? Wie gelang es, stabile demokratische Strukturen und Institutionen aufzubauen und warum gilt die Mongolei als Vorbild für einen gelungenen Transformationsprozess in Nordostasien und für die zentralasiatischen Republiken?

Minister Dorligjav, Staatsminister Bausback, Botschafter Bolor, Honorargeneralkonsul Pitum

Minister Dorligjav, Staatsminister Bausback, Botschafter Bolor, Honorargeneralkonsul Pitum

Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer Veranstaltung, zu der unter dem Titel „Ein Vorbild für die Region: 25 Jahre Demokratie in der Mongolei“ der Honorargeneralkonsul der Mongolei für Bayern und Baden-Württemberg, Dr. Andreas Pitum, und die Hanns-Seidel-Stiftung am 15. Dezember 2015 geladen hatten.

Die Leiterin des Instituts für Internationale Zusammenarbeit der Hanns-Seidel-Stiftung, Dr. Susanne Luther, begrüßte dazu den Justizminister der Mongolei, Dambii Dorligjav, den Botschafter der Mongolei S.E. Tsolmon Bolor sowie den Mongolei-Experten Prof. Dr. Udo Barkmann.

Minister Dambii Dorligjav, eine der zentralen Persönlichkeiten der friedlichen Revolution und in der Folge ein wichtiger politischer Gestalter unter den neuen demokratischen Kräften, schilderte diese Zeit des Umbruchs und den schwierigen Weg in die Demokratie aus seiner persönlichen Perspektive. Er berichtete sehr anschaulich, wie über die bestehenden Differenzen hinweg, z.B. bei der Erarbeitung einer gemeinsamen Verfassung, es allen gesellschaftlichen Kräften ein besonderes Anliegen war, hier einen Konsens für ihr Land zu erreichen. Die Wendejahre spiegeln für ihn das tiefe Bedürfnis nach Suche und Ausdruck der nationalen und kulturellen Identität in adäquaten und dauerhaft tragfähigen Institutionen wider.

Minister Dorligjav und Professor Barkmann

Minister Dorligjav und Professor Barkmann

Das Jahr 1990 bildete einen Wendepunkt in der Geschichte der Mongolei. Prof. Dr. Udo Barkmann, der als ausgewiesener Mongolei-Experte langjährig in der Mongolei tätig ist, setzte den Anfangspunkt noch früher an. Er bewertete die bereits seit 1987 eingeleiteten innerparteilichen Diskussionen und die Orientierung an der Perestroika-Politik Gorbatschows als entscheidende Weichenstellung für die Zeit ab 1990. Dem Willen der Partei zur Öffnung und Umgestaltung ist es zu verdanken, dass die folgenden Schritte, wenn auch schwierig, aber unblutig verliefen. Die Mongolei hat sich immer in einer besonderen regionalen Konstellation befunden. Die beiden großen Nachbarn, Russland und China, setzten und setzen den bestimmenden geopolitischen Rahmen. In den vergangenen 25 Jahren ist es gelungen, einen eigenständigen politischen Weg zu finden – herausgelöst von der russischen Symbiose. Es bleibt allerdings ein Balanceakt, die mongolische Position zu behaupten, wenn sich die ökonomische Verflechtung mit China als Abhängigkeitsbeziehung gestalten sollte.

Susanne Luther und Minister Dorligjav umgeben von Teilnehmern der Veranstaltung

Susanne Luther und Minister Dorligjav umgeben von Teilnehmern der Veranstaltung

Desweiteren bietet die Mongolei selbst das Potential, eine aktive Vorbildrolle für die Region zu übernehmen. Dieses politische Ansehen hat sie sich in den letzten Jahren mit großer Kompetenz erarbeitet. So wird die Mongolei im Jahr 2016 Gastgeber des Asia-Europe-Meetings (ASEM) sein. Zugleich eröffnen sich interessante regionale Möglichkeiten: Mit den gewonnenen Einsichten bei der Umgestaltung des Einparteiensystems verfügt die Mongolei über viele Erfahrungen. Darüber hinaus besitzt sie als kleines Land im Gefüge der großen Nachbarn eine Quasi-Neutralität, die für sie eine mögliche künftige Vermittlerrolle in der Koreafrage Handlungsspielräume eröffnen könnte.

Die rege Podiumsdiskussion zeigte, dass für die zukünftigen Herausforderungen eine gute Ausgangsbasis erarbeitet worden ist. Moderiert von Susanne Luther diskutierten die Teilnehmer, inwieweit die Rolle der sogenannten "Dritten Nachbarn“ zu sehen ist. Damit sind alle diese Länder gemeint, die neben Russland und China besondere Partner der Mongolei darstellen. Dazu gehört auch die Bundesrepublik Deutschland. Die "Dritten Nachbarn" haben der Mongolei während des Transformationsprozesses zur Seite gestanden und sollen auch zukünftig ihre Expertise einbringen.

Professor Barkmann in der Podiumsdiskussion

Professor Barkmann in der Podiumsdiskussion

Für die Arbeit der Hanns-Seidel-Stiftung in der Mongolei, so versicherte Susanne Luther, würde auch in Zukunft die Zusammenarbeit im Rechtsbereich zentraler Arbeitsschwerpunkt bleiben. Abschließend formulierte sie: „Wenn wir heute auf die weltpolitische Karte mit all ihren Konflikten schauen, sieht man deutlich, wie wichtig demokratische Vorbilder sind, denn überall dort, wo keine demokratischen Strukturen vorhanden sind, entstehen Krisen. Daher ist der Einsatz der Mongolei hier umso höher zu bewerten.“

Minister Dorgligjav und hochrangige Mitarbeiter seines Ministeriums nutzen im Rahmen ihres Deutschland-Aufenthaltes die Gelegenheit zu einem Meinungsaustausch mit der Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung über die weitere Zusammenarbeit und zum Fachaustausch in Berlin und München. Neben Gesprächen im Bundesjustiz- und im Bundesinnenministerium konnte die Delegation mit Vertretern der CSU-Landesgruppe zusammentreffen. 

Ursula Männle mit der mongolischen Delegation und bayerischen Experten

Ursula Männle mit der mongolischen Delegation und bayerischen Experten

In München erörterte der Minister und seine Delegation beim Bayerischen Justizminister Winfried Bausback Fragen der künftigen engeren Zusammenarbeit. Bei weiteren Gesprächen und Vorträgen im Bayerischen Innenministerium, dem Bayerischen Landeskriminalamt, der Bayerischen Bereitschaftspolizei und der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern wurden insbesondere die Ausbildung der bayerischen Polizei und Fragen zur Sicherung von Großveranstaltungen wie z.B. dem G7-Gipfel im Juni 2015 diskutiert. Hintergrund dafür ist der nächste ASEM-Gipfels, der im Juli 2016 in der Mongolei in Ulaanbaatar durchgeführt wird. Ein Meinungsaustausch mit dem Ersten Vizepräsidenten des Bayerischen Landtags, Reinhold Bocklet, bei dem wiederholt die ausgezeichneten Beziehungen zwischen der Mongolei und dem Freistaat Bayern betont wurden, rundete den Besuch in München ab.

Nordost- und Zentralasien
Veronika Eichinger
Leiterin