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Internationales Forum zur Zukunft der EU
Die Faszination Europas

In der Krise zeigt sich die Bedeutung der deutsch-französischen Freundschaft. Reformen der EU sind ohne die politische Achse Paris-Berlin kaum umzusetzen. Aber können die beiden Länder Ideen für eine gemeinsame Zukunft Europas entwickeln?

Schon zu Beginn des zweitägigen Forums, das sich insbesondere mit den großen Fragen der Europapolitik – der Zukunft der EU, der gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik (GSVP), der Energiepolitik und der Zukunft des Wirtschaftsraums – beschäftigte, wurde klar, dass Deutschland und Frankreich das restliche Europa auf dem Weg aus der Krise mitnehmen müssen.  So hoben sowohl die Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Prof. Ursula Männle, als auch Prof. Stephan Martens vom CIRAC und Prof. Dr. Reinhard Meier-Walser als Leiter der Akademie für Politik und Zeitgeschehen die kontinuierliche und überparteiliche Verbundenheit der beiden Staaten hervor, von der auch die Zukunft der Union geprägt sein müsse.

Markus Ferber steht mit ausgebreiteten Armen an seinem Platz auf und beendet gerade offenbar ein amüsantes Zitat. Rings um ihn her biegen sich alle vor Lachen. HSS-Logo im Hintergrund.

Deutschland und Frankreich müssen mit einer gemeinsamen Vision vorangehen und die den Bürgern auch erklären: "Wie müssen uns die Faszination Europas immer wieder vor Augen führen." (Markus Ferber, MdEP)

G.Till; HSS

Welche Zukunft für Europa?

Ein Problem auf dem Weg in diese Zukunft werde dem Forum zufolge sein, dass der EU ein langfristiger Plan zur Meisterung seiner Probleme fehle.  Als die drei entscheidenden Themen für die Zukunft Europas kristallisierten sich die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, die Sicherheitspolitik Europas und die politische Legitimation der EU im Kampf gegen Populismus und EU-Skepsis heraus.  Die EU müsse sich außerdem vermehrt mit smart power, also einer Kombination aus Diplomatie und militärischer Stärke, an Konflikten beteiligen, um ihre Rolle in der Welt zu behaupten.

Eine Stärkung der GSVP wird, wie die der Dialog zeigte, von vielen Experten als wichtiger Schritt zur Selbstbestimmtheit Europas angesehen – kritisiert wurde jedoch, dass aktuelle Initiativen wie die im Dezember 2017 beschlossene Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation, PESCO) noch keinem formulierten Zweck dienten. Hierfür wichen die strategischen Interessen der Mitglieder, vor allem Deutschlands und Frankreichs, zu stark voneinander ab, wie Florian Hahn, Europapolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, erklärte.

Info:

Der von der Akademie für Politik und Zeitgeschehen und dem französischen Forschungsinstitut CIRAC ins Leben gerufene bayerisch-französische Dialog beschäftigte sich bei seinem ersten Treffen an der Hanns-Seidel-Stiftung am 12. und 13. April mit der aktuellen Krise der Europäischen Union und hob die Bedeutung des deutsch-französischen Motors für die Zukunft des Bündnisses hervor.

Drei Menschen am Vortragstisch. Zwei (rechts) lauschen belustigt den Ausführungen des dritten (links) (Florian Hahn) in bayerischer Tracht.

Aktuelle Projekte, um die Selbstbestimmtheit der EU zu stärken, wie beispielsweise "PESCO", kommen nicht recht vom Fleck. Für Florian Hahn, Europapolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, liegt das an den unterschiedlichen strategischen Interessen der Mitgliedsländer.

G.Till; HSS

„Wenn es in der EU an einem nicht mangelt, dann sind das Institutionen und Gremien“

Dies treffe auch auf die Energiestrategie Europas mit Blick auf den Einfluss Russlands zu. Dr. Frank Umbach vom European Centre for Energy and Resource Security (EUCERS) hob hier vor allem die Rolle der Bundesrepublik hervor. Für Deutschland wäre es ihm zufolge problematisch, Sonderbeziehungen zu Moskau zu erhalten, da in diesem Fall nationale Politik und EU-Interessen kollidierten. Kontrovers diskutiert wurde auch der Bau der Gaspipeline North Stream 2 und deren ökonomische Auswirkungen. Die EU müsse, so der Konsens, ihre Energieversorgung diversifizieren, um ihre Abhängigkeit von Russland zu verringern.

Zudem steht die Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion nach dem Brexit auf dem Prüfstand. So könnte der Austritt Großbritanniens den deutsch-französischen Motor stärken, die EU vereinfache er aber nicht, da sich neue Gewichte und Gegengewichte finden müssten.  Die Idee Emmanuel Macrons, ein Finanzministerium der Eurozone zu gründen, wies Dr. Martin Huber, MdL, deutlich zurück. „Wenn es in der EU an einem nicht mangelt, dann sind es Institutionen und Gremien“, so Huber.

Nachdenkliche Menschen an einem Vortragstisch. Ursula Männle (rechts) spricht gerade und blickt dabei die anderen an. Der Mittlere (Martens) fasst sich gerade an die Brille. Meier-Walser hält sie gedankenverloren in der Hand.

Um einen Weg aus der Krise zu finden, müssen Deutschland und Frankreich zusammen die Richtung vorgeben. (v.l.n.r. Prof. Stephan Martens, Prof. Dr. Reinhard Meier-Walser und Prof. Ursula Männle)

G.Till; HSS

Nach zwei Tagen voller Diskussionen und akademischen Austauschs stand schließlich die Erkenntnis, dass Deutschland und Frankreich die EU, wenn sie zukünftig eine gewichtige Rolle in der Welt (aber auch in Europa selbst) spielen soll, mit einer gemeinsamen Vision anführen müssen, ohne dabei die europäischen Partner zu vergessen.

Letztlich gelte es aber, vor allem dem einzelnen Bürger zu zeigen, welch einzigartige Institution die Europäische Union sei, wie Markus Ferber, MdEP und stellvertretender Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung, meinte: „Wir müssen uns die Faszination Europas immer wieder vor Augen führen.“

Autor: Georg Till

Leiterin Akademie für Politik und Zeitgeschehen

Prof. Dr. Diane Robers