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Der Kreislauf der Rohstoffe

Die nachhaltige Nutzung und der Schutz natürlicher Ressourcen sind insbesondere für den rohstoffarmen Recycling-Weltmeister Deutschland eines der zentralen gesellschaftlichen und politischen Handlungsfelder der Gegenwart und Zukunft.

Volker Zepf veranschaulicht den nachhaltigen Umgang mit kritischen Rohstoffen

Volker Zepf veranschaulicht den nachhaltigen Umgang mit kritischen Rohstoffen

Volker Zepf von der Universität Augsburg räumte zu Beginn mit einem der Rohstoffmythen der vergangenen Jahre auf: Seltene Erdmetalle sind weder von ihren natürlichen Vorkommen, noch aufgrund ihrer ökonomischen und politischen Verfügbarkeit knapp – nomen non est omen. „Selten“ hießen die 17 metallischen Elemente nicht aufgrund knapper Vorkommen, sondern weil sie zunächst in „seltsamen“ Mineralien gefunden und aus diesen als Oxide (früher „Erden“) gewonnen werden. Tatsächlich werde der überwiegende Teil der in vielen Schlüsseltechnologien verbauten Metalle unter besorgniserregenden ökologischen und sozialen Umständen in China gefördert. Ein Versorgungsrisiko bestehe aufgrund dieser Länderkonzentration für ihn allerdings nicht. Viel riskanter sei das mangelhafte Wissen über Verwendung und Recycling von Seltenen Erden. Bei ca. 80 Prozent der über 100.000 Tonnen Jahresproduktion wisse man nicht genau, wo und wie sie verbaut seien und wie sie recycelt werden könnten. Zepf geht dieser Lücke mittels „Stoffgeschichten“ auf den Grund, denn nur mit einem Verständnis für die komplexen Zusammenhänge des Rohstoffkreislaufes könnten adäquate Entscheidungen über Ressourceneffizienz-Maßnahmen getroffen werden, so sein Plädoyer.

In der Schaltzentrale des Müllheizkraftwerks Coburg

In der Schaltzentrale des Müllheizkraftwerks Coburg

Bei einer vom Club der Altstipendiaten finanzierte Exkursion in das regionale Müllheizkraftwerk (MHKW) Coburg konnte Abfallverwertung erlebt werden. Nach einer alltagsnahen Einführung in die moderne Kreislaufwirtschaft, welche der Devise folgt „Der beste Abfall ist derjenige, der erst gar nicht anfällt“, schloss sich die Führung durch den teils geruchsintensiven Verwertungsprozess an. „Atmen Sie bitte ganz normal weiter“ lautete es daher während des Rundgangs durch die 24/7 betriebene Anlage. Von der Müllanlieferung, über die Leitwarte und Rauchgasreinigung bis zu den Turbinen, die 22.000 Haushalte mit Strom versorgen, blieb viel Platz für Fragen. Die Teilnehmer erfuhren dabei nicht nur, wie ein MHKW funktioniert, und dass der Kranführer in der Krankanzel der wichtigste Mann im MHKW ist, sondern erlernten auch das „3x1 des MHKWs“: eine Stunde Weg, einmal Wenden, 1.000 Grad. Ein Blick auf den bei knapp 1000 Grad brennenden Abfall im Müllkessel entlockte das ein oder andere staunende „Oh“.

In ökologischen Verfahren hergestelltes Papier

In ökologischen Verfahren hergestelltes Papier

Wie Initiativen für Ressourceneffizienz auf lokaler Ebene agieren und was der Einzelne für mehr Ressourceneffizienz tun kann, zeigte die Cradle to Cradle e. V. Regionalgruppe aus Nürnberg. Mit sechs Vertretern und viel Anschauungsmaterial machte diese begreifbar, wie mit Hilfe von intelligentem Produktdesign und ganzheitlich gedachten Produktionsprozessen nach cradle-to-cradle-Manier nicht nur für Mensch und Natur „gesunde“ Produkte produziert, sondern auch Müll vermieden und natürliche und anthropogene Stoffkreisläufe integriert werden können. Abfall sei eine Erfindung des Menschen, in der Natur sei alles Rohstoff – so das Credo. In diesem Zusammenhang wiesen sie auch auf die Verantwortung der Konsumenten hinsichtlich der Unterstützung Cradle to Cradle-zertifizierter Produkten hin. In einer langen Diskussion mit den Teilnehmern stellte sich heraus, wie wichtig neben dem im Deutschland bereits gut funktionierenden und gängigen Down- und Recycling von Rohstoffen auch das Upcycling sowie passende Rücknahmesysteme seien.

„Wie Sand am Meer“ – dass diese Metapher heutzutage nur noch eingeschränkt gültig ist, verdeutlichte der Vortrag des Fachbereichsleiter „Ressourcenschonung“ vom Umweltbundesamt. Dieser ging in seinem Vortrag der Frage „Sind Ressourcen knapp?“ auf den Grund und tat dies anhand des Beispiels Sand. Dazu führte er zunächst allgemein in die anthropogenen Treiber, die Entwicklung und die ökologischen Konsequenzen des globalen Rohstoffverbrauches ein. Für Sand, den Hauptbestandteil von Stahlbeton, zeigte Hermann Kessler die durch das globale Bevölkerungswachstum befeuerten Infrastrukturprojekte als Nachfragetreiber auf. Dies und die Tatsache, dass Sand auch in vielen Alltagsprodukten wie Putzmitteln und elektronischen Geräten verwendet wird, macht Sand – nach Wasser – zum global am zweithäufig genutzten Rohstoff. Vor allem das „anthropogene Lager“, d. h. die im menschlichen Lebensraum verbauten und durch Urban Mining zu gewinnenden Rohstoffe, müssten mehr ins öffentliche Bewusstsein rücken, denn dies bergen nicht für Sand („Recycling-Beton“) sondern auch für alle anderen Ressourcen großes Ressourceneffizienz-Potential, wurde klar.

Eine Menge recyclebarer Rohstoffe wie Gold, Silber, Palladium oder Kupfer stecken in einem Handy

Eine Menge recyclebarer Rohstoffe wie Gold, Silber, Palladium oder Kupfer stecken in einem Handy

Im Anschluss an den Vortrag führte der Film „Sand Wars – Krieg um Sand“ die unvermuteten Ausmaße und teils drastischen sozial-ökologischen Folgen der stetig steigenden Sandnachfrage vor Augen: Vor dem Hintergrund, dass Wüstensand für den Einsatz im Bau nicht geeignet ist, und aus Kiesgruben und Flussbetten diese nicht mehr befriedigt werden kann, werden ganze Strände in Kraterlandschaften verwandelt und auch vor Meeresboden nicht Halt gemacht. Die Aufnahmen zeigten u. a. wie mit 150 Meter tief reichenden Saugern der Sand sowie das zugehörige Ökosystem an die Meeresoberfläche befördert und andernorts, wie im sandreichen Dubai, importiert und zu künstlichen Inseln aufgeschüttet wird. Angesichts der zunehmenden Sandnachfrage wird Sand daher mittlerweile sogar in mafiösen Strukturen gehandelt und Staaten wie Singapur legen Sandvorräte an, um ihre zukünftige flächenmäßige Expansion sicherzustellen. Bilder aus französischen Küstenorten, in denen sich die Bevölkerung in Protesten gegen die Ansiedlung von Sand-Förderern einsetzt, führten den Fachforums-Teilnehmern vor Augen, dass die europäische Gemeinschaft von dem „Krieg um Sand“ auf lange Sicht vermutlich nicht verschont bleibt.

Der Vortrag „Plastik in aquatischen Ökosystemen: Vorkommen und Auswirkungen“ schloss abschließend noch einmal den Kreis zum Müllheizkraftwerk, indem er aufzeigte, was mit dem Plastikmüll passiert, der nicht in der Wiederverwertung landet, sondern durch achtloses Wegwerfen und unsachgemäße Entsorgung, in die Natur eingetragen wird. Der Referent Hannes Imhof verdeutlichte anhand etlicher wissenschaftlicher Studien, dass die zunehmende Konzentration von Plastik in aquatischen Ökosystemen mit teils schädlicher Wirkung für die darin lebenden Lebewesen zweifellos nachgewiesen ist. Aufgrund der Erfolgsstory des stabilen und leichten Plastiks, das einen Beitrag zur Ressourcen- und Energieeffizienz leiste und daher v. a. im medizinischen Bereich unverzichtbar sei, müsse daher der unachtsame Umgang mit Plastik beendet werden. Diesem gesellschaftlichen Problem muss v. a. durch Bewusstseinsbildung entgegengewirkt werden, darin waren sich die Teilnehmer mit dem Referenten einig, denn Plastik ist ein wertvoller, wiederverwertbarer „Rohstoff“ und kein einmal zu nutzendes Wegwerfprodukt.

Das Fachforum vermittelte mit seinen thematisch und perspektivisch diversen Vorträgen nicht nur fachliche Kompetenz für die kritische Beurteilung der globalen Rohstoffsituation, sondern gab auch Einblicke in regionale Strukturen des Rohstoffkreislaufes sowie alltagstaugliches Praxiswissen für die Gestaltung eines ressourceneffizienten Lebensstils.

Olivia Schmitt-Walter

Universitätsförderung MINT und Medizin
Isabel Küfer, M.A.
Leiterin
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