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Vor 50 Jahren von Hans Eisenmann eingeleitet
Der Bayerische Weg in der Landwirtschaft

In Bayern haben sich traditionelle bäuerliche Strukturen teilweise erhalten. Sie prägen bis heute Landschaft, Kultur und die bayerische Identität. Ohne Hans Eisenmann hätte es ganz anders kommen können.

Landwirtschaft ist mehr als nur die Produktion von Nahrungsmitteln. Landwirte prägen durch ihre Arbeit unsere Kulturlandschaften, pflegen Traditionen und handwerkliches Können. Und sind in vielen sozialen und ehrenamtlichen Bereichen eine feste Stütze. Hans Eisenmann, der um diese „gesellschaftspolitische, wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung“ wusste, erwies sich als bayerischer Politiker mit Weitblick - und mit einer Beharrlichkeit, der wir verdanken, dass die Entwicklung anderes verlief, als es andere Weichensteller von damals vorsahen.

Dr. Hans Eisenmann 1976

Dr. Hans Eisenmann 1976

Eduard Dietl; ACSP; ACSP, NL Eisenmann 1-3

Als Hans Eisenmann im Jahr 1969 das Amt als Bayerischer Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten übernahm, stand in Europas Landwirtschaft ein rigoroser Strukturwandel an. Nach den Vorstellungen, die Agrarkommissar Sicco Mansholt umsetzen wollte, sollten Tausende Höfe weichen, sprich aufgegeben werden. Landwirtschaft sollte möglichst nur noch von großen, modernen, rationell organisierten „Produktionseinheiten“ betrieben werden. Das Ergebnis wäre eine industrielle Landwirtschaft mit regelrecht planwirtschaftlichen Strukturen gewesen.

Agrarpolitik als Gesellschaftspolitik

„Will man in Europa an die Landwirtschaft rein ökonomische Maßstäbe anlegen, was zur Folge hätte die Großfarm, die Konzentration der Landwirtschaft auf die guten Standorte, die Monokultur und die Tierfabrik? Oder ist man bereit, der bäuerlichen Landwirtschaft eine Chance zu geben?" [Hans Eisenmann, 03. August 1987]

Für Bayern hätte sich dieser Plan – der so letztendlich auch nicht umgesetzt wurde -  drastisch ausgewirkt. Denn es hätte das Aus für die vielen klein- und mittelbäuerlichen Betriebe bedeutet sowie für die Landwirtschaft in von Natur aus benachteiligten, ertragsschwachen Gebieten.  Eisenmann stemmte sich gegen eine solchen rein auf Produktivität und Rentabilität ausgerichteten Zeitgeist. Mit dem Gesetz zur Förderung der bayerischen Landwirtschaft formulierte er einen Gegenentwurf, den „Bayerischen Weg“. Sein Ziel war, die Stellung der Landwirtschaft in der Gesellschaft zu sichern - ganz gleich, ob als Voll-, Neben- oder Zuerwerbsbetrieb. Familiengeführte, bäuerliche Landwirtschaft sollte damit auch weiterhin eine Zukunft haben. Eisenmann betonte die Bedeutung der vielfältigen bayerischen Kulturlandschaft. Dabei stellte er klar, dass die Landwirte, die diese erhalten und pflegen, eine wichtige Sozialfunktion erfüllen. Für Höfe in den so genannten benachteiligten Standorten initiierte er Ausgleichszahlungen. Um Kritik daran vorzubeugen, wurden diese auf wissenschaftlicher Grundlage angesetzt.

So konnte er ein Nebeneinander verschiedener landwirtschaftlicher Strukturen in der Fläche ermöglichen, statt durch ein „Wachsen oder Weichen“ weite Teile des Landes zu entleeren. Verschiedene Produktionsformen und abwechslungsreiche Landschaften versprachen ihm auch mehr Nachhaltigkeit und Stabilität.

Dr. Hans Eisenmann

Eisenmann hat die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Landwirtschaft durch Programme zur Aus- und Weiterbildung von Landwirten langfristig gestärkt.

ACSP; ACSP, NL EIsenmann 1-11

Ausbildung, Fortbildung, Beratung

Um diese allerdings wettbewerbsfähiger zu machen, setzte er vor allem auf Hilfe zur Selbsthilfe und überbetriebliche Zusammenarbeit. Vereine, wie die Maschinen- und Erzeugerringe, mit denen sich Landwirte gegenseitig unterstützen, erhielten staatliche Förderung. Für den promovierten Agraringenieur war außerdem wichtig, Ausbildung, Fortbildung und Beratung zu fördern. Dabei ziele er auf eine gute Qualität der praktizierenden Landwirte und ihren unternehmerischen Erfolg ab. Jeder sollte die Möglichkeit haben, sich fundiertes Fachwissen anzueignen. Das sollte nicht an finanziellen Hindernissen scheitern. Dafür galt es auch die Lehrpläne auszuweiten und den modernen Anfordernissen anzupassen. Bereits damals hatte er die visionäre Idee, Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau und Ernährungswirtschaft zu einem „Grünen Zentrum“ in Weihenstephan zu bündeln. Dies wurde zwar erst viele Jahre später, aber dennoch umgesetzt. Eisenmann konzentrierte sich nicht allein auf die Existenzfähigkeit der Bauern. Er hatte darüber hinaus die Lebensqualität der Bevölkerung auf dem Land insgesamt im Blick. Durch die Ansiedlung von Gewerbebetrieben sollten auch außerhalb der Landwirtschaft Arbeitsplätze geschaffen werden. Programme wie die Flurneuordnung und Dorferneuerung wurden fortgeführt und weiterentwickelt. Ihr Ziel ist, gemeinsam mit den Menschen vor Ort das Arbeits- Lebensumfeld zu verbessern und die Dörfer und Landschaften attraktiver zu gestalten.

Ein Staatsminister mit Weitblick. Der Weg geht weiter!

Eisenmann bewies als Staatsminister nicht nur Fachkompetenz. Er begründete seine Maßnahmen mit einer an christlichen Werten orientierten, ganzheitlichen Grundhaltung. Dies zeigt besonders deutlich seine Rede, die er am 3. August 1987 auf der Fraueninsel hielt und in der er sagte: „Dabei ist die allgemeine Maxime im Grunde sehr einfach: Ehrfurcht vor Schöpfer und Schöpfung und Achtung des Mitmenschen. Damit ist auch die Grundhaltung der bayerischen Agrarpolitik vorgegeben“. Sein Bayerischer Weg ging daher, anders als bei Mansholt, über rein agrarökonomische Ziele hinaus. Mit dem Dreiklang von Ökonomie, Ökologie und Sozialem praktizierte er das, was man unter dem heute gängigen Leitbild der nachhaltigen Entwicklung versteht.

Als Eisenmann seinen Gesetzesentwurf am 18. April 1970 im Bayerischen Landtag vorstellte, erhielt er einstimmig Unterstützung. So wurde es am 27. Oktober verabschiedet und konnte zum 01. Januar 1971 in Kraft treten.

Der Bayerische Weg im Konzert unterschiedlicher Interessenslagen in Bundes- und Europapolitk ist kein einfacher, aber er hat sich bewährt, denn er konnte den Strukturwandel in Bayern vergleichsweise sozial verträglich abfedern. Bis heute beziehen sich auch die nachfolgenden Politiker auf ihn, einem Bekenntnis gleich. So heißt es auch im Koalitionsvertrag von 2018, Bayern solle weiterhin ein von der Landwirtschaft geprägtes Land bleiben. Man wolle keine spekulationsgetriebene Landwirtschaft und stehe zu seinen bäuerlichen familiengeführten Betrieben: „Wir gehen den Bayerischen Weg in der Landwirtschaft weiter“.

Autorin: Silke Franke, HSS

Mehr zur bayerischen Agrarpolitik hier in unserem Portal CSU Geschichte.

Video zur Podiumsdiskussion: „Regionalität als Chance“ mit Landwirtschaftsministerin Kaniber 

Aktuelle Zahlen im Bayerischen Agrarbericht 2020: "Der Strukturwandel bewegt sich auf niedrigem Niveau. 2019 gab es im Freistaat 105.300 Bauernhöfe mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von rund 30 Hektar. Die Quote der jährlichen Betriebsaufgaben hat sich bei 0,7 Prozent stabilisiert".

Umwelt und Energie, Städte, Ländlicher Raum
Silke Franke
Leiterin