Print logo

„Das Internet vergisst nichts!“

Egal ob im Social Web, auf Nachrichtenplattformen oder beim Onlinebanking: Überall verwenden wir – vermeintlich geschützt und anonym – unsere Identität zur Erstellung von Nutzerprofilen. Doch was passiert mit diesen Daten wirklich? Welche Rechte hat der Nutzer? Mit diesen hochaktuellen Fragen beschäftigten sich Stipendiaten im Rahmen des Fachforums Jura von 6. bis 8. März 2015 in Kloster Banz.

Justitia

Justitia

Lupo/pixelio.de

Waren zur Jahrtausendwende noch Tageszeitung, Radio oder Fernsehen unsere Quellen für aktuelle Informationen, so bestimmen heute Smartphone, Tablet und Notebook unser tägliches Leben. Das Internet ist allgegenwärtig und nicht mehr wegzudenken. Wir sind kontinuierlich informiert über aktuelles Geschehen, rund um die Uhr und überall auf der Welt. Doch wir holen nicht nur Informationen aus dem Netz, wir geben auch persönliche Daten preis. Egal ob im Social Web wie Facebook oder Xing, auf Nachrichtenplattformen wie Spiegel Online oder beim Onlinebanking: Überall verwenden wir – vermeintlich geschützt und anonym – unsere Identität zur Erstellung von Nutzerprofilen. Doch was passiert mit diesen Daten wirklich? Wer kann darauf zugreifen? Wie leicht funktioniert der Diebstahl offenbar sicherer Daten? Und vor allem: Welche Rechte hat der Nutzer? Mit diesen hochaktuellen Fragen beschäftigten sich Stipendiaten im Rahmen des Fachforums Jura von 6. bis 8. März 2015 in Kloster Banz.

Gibt es ein Recht auf Anonymität im Netz?

Gibt es ein Recht auf Anonymität im Netz?

Sabrina Wolf

Zum Einstieg referierte Prof. Dr. Dirk Heckmann von der Universität Passau zum Thema IT-Sicherheit und deren zunehmenden Bedeutung für unser Leben. Der Großteil der Nutzer fühlt sich zwar sicher im Netz, aber der Schein trügt. Laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist die IT-Sicherheitslage kritisch, denn die Anzahl der professionellen Angriffe nimmt immer weiter zu. Um diesen Gefahren im Netz entgegenzuwirken, müssen die Komponenten Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und individueller Verbraucher zusammenarbeiten, Sicherheitslösungen entwickeln und anwenden. So habe der Staat beispielsweise eine Schutzpflicht und der Bürger eine Vorsichtspflicht bei der Preisgabe von Daten. Doch aufgrund der Komplexität des Mediums ist diese Zielsetzung sehr anspruchsvoll. Eine nationale Regelung der IT-Sicherheit seitens des Staates ist beispielsweise aufgrund der Dynamik und Internationalität so gut wie unmöglich.

Dem Thema Digitale Kommunikation widmete sich Prof. Dr. Susanne Beck von der Universität Hannover. Durch die Eigenschaften des Internets wie Netzwerkartigkeit, Offenheit, Partizipationsmöglichkeit des Nutzers oder Orts- und Zeitunabhängigkeit werden zwar viele Vorteile geschaffen, es entstehen aber gleichermaßen auch zahlreiche Risiken. Aufgrund der Anonymität und schweren Kontrollierbarkeit wird die Hemmschwelle bei Cyberkriminalität enorm gesenkt. Gesetzliche Regulierungen stoßen dabei zumeist an ihre Grenzen. Die Formulierungen der Gesetzestexte sind oftmals nicht geeignet, um die Komplexität der Verbrechen im Netz abdecken zu können.

Die Teilnehmer des Fachforums Jura

Die Teilnehmer des Fachforums Jura

SABRINA WOLF

Im Anschluss zeigte Rechtsanwältin Dr. Anja Wilkat praxisbezogene Beispiele zum Presse- und Äußerungsrecht im Internet auf. Gerade auf Online-Bewertungsportalen  wie beispielsweise HolidayCheck für Hotelanlagen oder Jameda für Ärzte werden oftmals wenig zurückhaltende Aussagen veröffentlicht. Doch hat ein Arzt das Recht, sein Profil im Portal löschen zu lassen, wenn er gegen eine Bewertung seiner Behandlung ist? „Nein, laut Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) im Jahr 2014 kann er sich hierbei nicht auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen, denn das Interesse der Öffentlichkeit überwiegt.“, so Wilkat. Lediglich bei rechtswidrigen Bewertungen bestehe die Möglichkeit, gegen den Bewertenden selbst oder das Bewertungsportal vorzugehen, damit der Eintrag gelöscht wird.

Des Weiteren sprach Livia Wagner, Promotionsstipendiatin der Hanns-Seidel-Stiftung, zum Thema „Ein Recht auf Vergessen im Internet“. Befinden sich Daten, Bild-, Ton- oder Videomaterial einmal im Internet, so ist es technisch so gut wie unmöglich, diese wieder vollständig zu entfernen, selbst wenn man sie löscht. Wurden die Daten zudem ursprünglich rechtmäßig oder eigenwillig eingestellt, hat der oder die Betroffene nur in sehr seltenen Fällen einen rechtlichen Anspruch auf Entfernung. Im konkreten Einzelfall ist eine Abwägung notwendig, wenn beispielsweise in das Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird.

Zum Abschluss des Seminars stand für die Teilnehmer noch eine Filmvorführung auf dem Programm. Hier zeigten zwei Journalisten mittels eines Selbstversuches, wie es für professionelle Hacker und IT-Spezialisten zum Teil sehr einfach möglich ist, Viren zu verschicken, sich in fremde Nutzerprofile einzuloggen, Daten zu sammeln, Konten lahmzulegen und somit komplette Identitäten nachzubilden.

Am Ende der Tagung wählten die Stipendiaten die Fachforumssprecher für das kommende Jahr: Samuel Gail, Ralf Knaier und Mircafar Mirzayev werden sich mit dem Thema „Wirtschaft und Recht“ auseinandersetzen und dazu eine Vortragsreihe für das nächste Fachforum Jura organisieren.

Sabrina Wolf

Universitätsförderung MINT und Medizin
Isabel Küfer, M.A.
Leiterin
Telefon: 
E-Mail: