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Christliche Flüchtlinge in bayerischen Asylunterkünften

Seit Herbst 2015 gibt es vermehrt Berichte über religiös motivierte Konflikte in Asylbewerberunterkünften. Die geschilderten Vorfälle beziehen sich meist auf Täter muslimischen und Opfer christlichen oder yezidischen Glaubens. Eine Expertenrunde der Hanns-Seidel-Stiftung beleuchtete am 5. Juli insbesondere die Situation in Bayern.

Ursula Männle begrüßte den Landesbischof erstmals in der Stiftung.

Ursula Männle begrüßte den Landesbischof erstmals in der Stiftung.

Mit der Aufnahme einer großen Anzahl von Flüchtlingen in kurzer Zeit stand und steht Deutschland insbesondere seit Mitte des vergangenen Jahres vor großen Herausforderungen. Der sprunghafte Anstieg im Bereich der Zuwanderung von Geflüchteten, insbesondere aus den Krisenregionen des Nahen Ostens – Syrien, Afghanistan und Irak –, aber auch aus afrikanischen Ländern wie Eritrea oder Nigeria, stellen Politik und Gesellschaft vor völlig neue Aufgaben. Ein Thema ist dabei relativ spät, aber dafür mit umso größerer Intensität in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt: die Frage, wie sich die Situation christlicher Flüchtlinge – in Bayern um die 12 Prozent – in dem überwiegend muslimisch geprägten Umfeld deutscher Flüchtlingsunterkünfte darstellt. Wie geht es originären und konvertierten Christen, die zum Teil vor religiös motivierter Gewalt in ihren Herkunftsländern geflohen sind, nun hier bei uns, in dem so dringend ersehnten, so hart erkämpften, vermeintlich sicheren Hafen?

Klar ist: die Situation in den Flüchtlingsunterkünften – auch in Bayern – ist nicht einfach. Immer wieder kommt es nachweisbar zu Anfeindungen und Gewalt, die zum Teil natürlich darin begründet ist, dass mitunter hochgradig traumatisierte Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen auf engstem Raum um Gleiches ringen – um Asyl, um Ruhe, um eine Perspektive und Vorteile im Alltag. Doch das ist nicht alles und wäre eindeutig zu kurz gegriffen. Denn es gibt zweifellos auch religiös motivierte Gewalt, die sich naturgemäß vor allem gegen Minderheiten richtet, und dazu zählen die Christen und in besonderer Weise diejenigen von ihnen, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind. Dass Christen hier und jetzt in deutschen, in bayerischen Flüchtlingsunterkünften bedroht und misshandelt werden, ist unerträglich. Jeder Fall ist ein Fall zu viel! 

Klar ist: die Situation in den Flüchtlingsunterkünften – auch in Bayern – ist nicht einfach. Immer wieder kommt es nachweisbar zu Anfeindungen und Gewalt, die zum Teil natürlich darin begründet ist, dass mitunter hochgradig traumatisierte Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen auf engstem Raum um Gleiches ringen – um Asyl, um Ruhe, um eine Perspektive und Vorteile im Alltag. Doch das ist nicht alles und wäre eindeutig zu kurz gegriffen. Denn es gibt zweifellos auch religiös motivierte Gewalt, die sich naturgemäß vor allem gegen Minderheiten richtet, und dazu zählen die Christen und in besonderer Weise diejenigen von ihnen, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind. Dass Christen hier und jetzt in deutschen, in bayerischen Flüchtlingsunterkünften bedroht und misshandelt werden, ist unerträglich. Jeder Fall ist ein Fall zu viel! 

Diese Studie von Open Doors hatte im Vorfeld für Aufsehen gesorgt. © Open Doors Deutschland

Diese Studie von Open Doors hatte im Vorfeld für Aufsehen gesorgt. © Open Doors Deutschland

Die Hanns-Seidel-Stiftung hat dieses Thema deshalb aufgegriffen und in enger Abstimmung mit dem bayerischen Landesbischof, Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, am 5. Juli 2016 Experten in ihr Konferenzzentrum München eingeladen, um einen Überblick darüber zu gewinnen, wie sich die Situation allgemein, insbesondere aber in Bayern darstellt, und gegebenenfalls Lösungsmöglichkeiten zu erörtern, um hier so rasch als möglich Abhilfe zu schaffen.

Der Einladung der Stiftungsvorsitzenden Ursula Männle gefolgt waren unter anderem der Regierungspräsident von Niederbayern, Heinz Grunwald, die Regierungsvizepräsidentin von Oberbayern, Maria Els, die Leiterin des Sozialdienstes für Flüchtlinge und Asylsuchende der Inneren Mission, Elisabeth Ramzews, der Sachgebietsleiter Flüchtlingsunterkünfte der Johanniter Unfallhilfe, Stefan Dung, und der Deutschland Geschäftsführer des internationalen Hilfswerks Open Doors, Markus Rode. Die Politik wurde vertreten durch den Vizepräsidenten des Deutschen Bundestags, Johannes Singhammer, den Integrationsbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Martin Neumeyer, den Leiter der CSU-Grundsatzkommission, Markus Blume, und den Beauftragten für Fragen der katholischen Kirche der CSU-Landtagsfraktion, Joachim Unterländer. 

Auf Wunsch der Beteiligten wurde die Diskussion unter Chatham House Rule geführt. Deshalb kann an dieser Stelle nicht ausführlicher darauf eingegangen werden, welche Positionen, Zahlen, Daten und Fakten von den einzelnen Personen in der Expertenrunde vorgetragen wurden. 

Vieles von dem, was auf Einladung der Hanns-Seidel-Stiftung in dieser Runde diskutiert wurde, spiegelt sich aber wider in der gemeinsamen Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, "Zur Situation von Christen und religiösen Minderheiten in Asylbewerberunterkünften", die am 11. Juli veröffentlicht wurde. Sie mündet in die folgenden Handlungsempfehlungen: 

  • Ein professionelles Konflikt- und Beschwerdemanagement trägt zu einem Klima der Offenheit bei und hilft Spannungen frühzeitig abzubauen. Neben den verschiedenen Maßnahmen, die zu diesem Zweck in manchen Unterbringungseinrichtungen bereits ergriffenwurden, wäre hierzu nicht zuletzt auch eine staatliche Initiative – etwa in Form verbindlicher Vorgaben – wünschenswert.
  • Hinsichtlich ihrer Belegungszahl, Ausstattung und baulichen Gegebenheiten ist in Unterbringungseinrichtungen besonders darauf hinzuwirken, dass jedem Bewohner Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und das Recht auf Privatsphäre gewahrt wird.
  • Um Konflikte aufgrund divergierender Glaubens- und Lebensgewohnheiten zu vermeiden, sollte in Unterkünften auf eine kultursensible Zimmerbelegung geachtet werden. So empfiehlt es sich, bei der Belegung die Wünsche der Bewohner zu berücksichtigen und Angehörige verschiedener Religionen oder Herkünfte innerhalb einer Unterkunft nicht im selben Zimmer unterzubringen. Auch ist darauf zu achten, dass Angehörige religiöser Minderheiten in einer Unterbringungseinrichtung nicht in einer allzu kleinen Gruppe vertreten sind. 
  • Asylbewerber benötigen eine adäquate psychosoziale Betreuung. Traumatisierten Asylbewerbern muss der Zugang zu den notwendigen Therapiemaßnahmen offen stehen. 
  • Die Auswahl des Personals muss mit großer Sorgfalt erfolgen. Alle Personen, die in Asylbewerberunterkünften tätig sind, insbesondere Sozialarbeiter, Mitarbeiter der Rechts- und Verfahrensberatung, das Sicherheitspersonal sowie Dolmetscher und Übersetzer, sollten über grundlegende interkulturelle und interreligiöse Kompetenzen verfügen. Weiterhin muss von allen Mitarbeitern ein erweitertes Führungszeugnis vorliegen. 
  • Darüber hinaus sollten den Mitarbeitern regelmäßige Fortbildungen angeboten werden, in denen unter anderem auch praxisorientierte Strategien des Konfliktmanagements vermittelt werden.
  • Insbesondere bei den Sicherheitskräften sowie bei Dolmetschern und Übersetzern ist darauf zu achten, dass ihr weltanschaulicher Hintergrund nicht zur Diskriminierung von religiösen Minderheiten beiträgt. Situationen, in denen das Sicherheitspersonal über einen längeren Zeitraum als einziger Ansprechpartner in einer Einrichtung zur Verfügung steht, müssen vermieden werden. 
  • Spannungen in Asylbewerberunterkünften lassen sich zusätzlich abbauen, wenn Asylbewerber von Beginn an die Möglichkeit haben, einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen, und wenn sie über den Gang des Verfahrens in Deutschland umfassend informiert werden. Damit die Unsicherheit über die aufenthaltsrechtliche Situation so weit wie möglich verringert wird, ist eine gut ausgestattete Verfahrensberatung unerlässlich.

Bericht zur Veranstaltung in Pro - Christliches Medienmagazin: Bedford-Strohm: Übergriffen gegen Christen in Flüchtlingsheimen nachgehen