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Für Werte und Interessen
Bayerische Delegation in Washington

Unterwegs in transatlantischer Mission waren deutsche Politiker bei ihrem Besuch in Washington Anfang April. Die transatlantischen Beziehungen, sicherheitspolitische Zusammenarbeit und die Wirtschaftsbeziehungen waren unter anderem Themen der Arbeitsreise. Aber auch für ein angemessenes Bild von Deutschland machten sich die Delegierten stark.

Die bayerischen Delegierten waren mit einem klaren Ziel nach Washington gereist:  Neue Perspektiven für die transatlantischen Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika ausloten, die sicherheitspolitische Zusammenarbeit vorantreiben und die wirtschaftliche Beziehungen verbessern helfen. Außerdem erläuterten die Abgeordneten vor US-Vertretern die Flüchtlingssituation in Deutschland.

Klassisches Motiv vor dem Weißen Haus: Blume,  Lindholz, Reichhart und Herrmann

Klassisches Motiv vor dem Weißen Haus: Blume, Lindholz, Reichhart und Herrmann

HSS

Regierungspolitik der Obama-Regierung auf dem Prüfstand

Während Gespräche zu Beginn des Aufenthaltes in Washington mit hochrangigen Regierungsbeamten und Vertretern einflussreicher Think-Tanks wurde die Haltung deutlich, dass es für die Beurteilung der neuen US-Politik noch zu früh sei. Darüber hinaus nahmen die bayerischen Abgeordneten aus den Gesprächen mit, dass es keinen ausgereiften Plan für die Regierungsarbeit gebe und dass selbst unter Republikanern keine Aufbruchstimmung zu spüren sei. Spitzenbeamte aus dem US-Handels- und Außenministerium verwiesen darauf, dass die Regierungspolitik der letzten Jahre derzeit auf dem Prüfstand stehe und viele Top-Positionen immer noch nicht besetzt seien.

Innenpolitische Themen beherrschen derzeit die amerikanische Agenda: die gescheiterte Gesundheitsreform, die geplante umfassende Steuerreform, ein gewaltiges Infrastrukturpaket und ein verbesserter Grenzschutz zu Mexiko, den Präsident Trump sehr konkret mit seiner Forderung nach einer Mauer verbindet. Sicherheitspolitisch drängt man auf die Erfüllung des 2%-Ziels durch die NATO-Mitglieder. Zugleich aber kürzten die USA die Entwicklungshilfe, was laut einiger US-Vertreter nicht nach einer durchdachten Strategie klinge.

Unsere Delgation beim German Marshall Fund

Unsere Delgation beim German Marshall Fund

HSS

TTIP: Nach den deutschen Wahlen neuer Versuch angedacht

Bei Besprechungen über die ausgesetzten Verhandlungen des transatlantischen Handels- und Investitionsabkommens „TTIP“ kamen beide Seiten zu dem Schluss, dass man die Zeit bis nach den Wahlen in Deutschland zum gemeinsamen Nachdenken nutzen solle. Danach könne man einen neuen Anlauf auf ein Freihandelsabkommen nehmen. Dabei wurde auch deutlich, dass die Verhandlungen transparenter geführt werden müssen und man offensichtlich bessere Argumente braucht, gerade auch, um einen gewissen Anti-Amerikanismus in Europa zu überwinden. Zudem müssten die Kernaussagen, nämlich, dass Wohlstand auf Freihandel basiert, dass Amerika und Europa die einmalige Chance haben, in Zeiten von Globalisierung und aufstrebender Regionalmächte einen verbindlichen regulatorischen Rahmen zu setzen und dass hinter TTIP auch der Konsens in transatlantischen Wertefragen steht, geschärft und besser vermittelt werden.

In Fachgesprächen mit Wirtschaftsmanagern sowie  Sicherheits- und Finanzfachleuten renommierter Think Tanks wie des „Petersen Institute“ und des „German Marshall Fund“ (GMF) sowie während der abendlichen Dinner-Debatte mit amerikanischen Multiplikatoren in den Räumen des „Army and Navy Club“ in Washington, nahmen die bayerischen Abgeordneten ausführlich zu aktuellen Entwicklungen in Deutschland Stellung:

Prominenter Gesprächspartner: der frühere US-Innenminister Michael Chertoff (2. v.l.)

Prominenter Gesprächspartner: der frühere US-Innenminister Michael Chertoff (2. v.l.)

HSS

Wertepolitik und Korrekturen am Deutschland-Bild

Das Credo der CSU bestehe darin, die Zukunft Deutschlands auf den Grundlagen einer offenen Gesellschaft und Sozialer Marktwirtschaft zu sichern, sagte Florian Herrmann, MdL. Die politischen Angebote müssten sich auch an diejenigen Bürger richten, die sich wirtschaftlich benachteiligt und kulturell entfremdet fühlten. Gerade wenn der Westen und westliche Werte zunehmend unter Beschuss geraten, sei ein enger transatlantischer Schulterschluss nötig. Sollte es im Herbst in Deutschland zu einem Regierungswechsel kommen, so Herrmann, würde sich die politische Agenda in Berlin grundlegend ändern.  Er warnte davor, dass eine linke Regierungskoalition aller Voraussicht nach die dringend erforderlichen Maßnahmen in der Sicherheitspolitik nicht durchführen würde. Dazu gehörten eine bessere Ausstattung der Polizei sowie eine effizientere Regelung der Geheimdienstkooperation.

Dass sich in das amerikanische Deutschlandbild zusehends auch die Sorge um die weitere Entwicklung in Europa mischt, zeigte sich am zweiten Tag der Arbeitsreise während Gesprächen im US-Repräsentantenhaus. Der Kongress-Abgeordnete Jeff Fortenberry aus Nebraska beschwor dabei die deutsche Führungsrolle in Europa und warnte davor, die Sicherheitsinteressen Deutschlands zu vernachlässigen oder an die Amerikaner zu delegieren, während man gleichzeitig eine Migrationspolitik der "offenen Tür" verfolge und dabei zusehends die deutsche und christlich-abendländische Identität aufgebe.  Die bayerischen Abgeordneten nahmen diese Sorgen zwar ernst stellten aber zugleich unmissverständlich klar, dass es sich dabei um ein verzerrtes Deutschland-Bild handle. Von chaotischen Zuständen oder politischer Führungslosigkeit, die zu einem zerfallenden Europa führe, könne keine Rede sein. Den neuen Anlauf zur Gesundheitsreform, die anstehende Steuerreform und den aktuellen Haushaltsentwurf der Administration von Präsident Donald Trump, erläuterten die Abgeordneten Paul Gosar und David Schweikert aus Arizona.

Fachgespräch mit Congressman Jeff Fortenberry in seinem Büro

Fachgespräch mit Congressman Jeff Fortenberry in seinem Büro

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Fazit des Delegiertenbesuches:

Zahlreiche Hintergrundgespräche drehten sich um die neue Situation in Amerika. Folgende Standpunkte wurden dabei den bayerischen Politikern besonders nahegebracht: 

  • Donald Trump versteht sich als Deal-Maker, der sich ein Höchstmaß an Flexibilität in der Innen- und Außenpolitik offenhält. 

  • Die Demokratische Partei ist kaum handlungsfähig und neigt in ihrer Analyse der Wahlniederlage 2016 zu dem Urteil, dass ihnen Putin den Wahlsieg gestohlen habe. 

  • Die Republikanische Partei ist gespalten in einen konservativ-liberalen und einen extrem konservativen Flügel. Auch im Weißen Haus scheint es verschiedene Einflussgruppen zu geben, die die Regierungspolitik eher in Richtung Populismus oder in Richtung Establishment lenken wollten. 

  • Trump selbst lässt keine offensichtlichen ideologischen Präferenzen erkennen und kann sich themenbezogene Allianzen sowohl mit der Tea Party bzw. dem Freedom Caucus (einer Gruppe von etwa 30 Kongress-Abgeordneten, die weniger Steuern, Deregulierung und ein starkes Militär fordern) vorstellen, als auch mit der Demokratischen Partei.

Grundsätzlich besteht kein Zweifel daran, dass Amerikas Politik und Wirtschaft großer Reformen bedürfen. Viele Wähler wünschen sich einen Präsidenten, der nicht parteipolitische Klientelpolitik betreibt, sondern Amerikas überparteiliche Interessen im Blick hat. Donald Trump muss diesem Anspruch so bald wie möglich gerecht werden. Sonst könnte sich die politisch und wirtschaftlich bereits stark polarisierte Gesellschaft weiter spalten.

Unsere Delegation:

Landtagsabgeordneter Dr. Florian Herrmann, Vorsitzender des Innenausschusses,
Markus Blume, Mitglied des Wirtschaftsausschusses,
Dr. Hans Reichhart, Mitglied des Innenausschusses und Vorsitzender der Jungen Union in Bayern, Bundestagsabgeordnete Andrea Lindholz, Mitglied des Europaausschusses.