Besonders ein Thema wurde während der Fachtagung wiederholt in den Vordergrund gestellt: die Sicherheit von Frauen, Kindern und älteren Menschen. Solange diese Gruppen - mehr als zwei Drittel der Bevölkerung - sich nicht sicher fühlen könnten, dürfe man auch nicht von einer "Smart City" sprechen, betonte Margit Hellwig-Bötte, deutsche Generalkonsulin für Karnataka und Kerala. Zwar seien die bisherigen Anstrengungen der Regierung lobenswert, die Herausforderungen für die Behörden wüchsen weiter. Mit etwa 6% Frauenanteil bei der Polizei sei Karnataka weit von den geplanten 20 Prozent entfernt. Generalkonsulin Hellwig-Bötte nahm auch die Bevölkerung in die Pflicht: So vermittelten vorbildliches Verhalten der Bürger und deren Übernahme von Verantwortung das Gefühl von Sicherheit in einer Stadt.
Dr. G. Parameshwara, Innenminister von Karnataka, sieht Stadt und Land auf einem guten Weg, wollte aber auch nichts beschönigen: Gerade Bangalore, die Hauptstadt und das wirtschaftliche Zentrum des Bundesstaats, drohe ihren Ruf als sichere Metropole zu verlieren. Mit dem Wachstum hielten auch Menschenhandel und Vergewaltigungen Einzug. Die Polizei werde zwar jährlich aufgestockt, sehe sich aber mit dem Verhältnis von 600 Einwohnern auf jeden Polizisten konfrontiert - im Vergleich dazu kommen in Bayern auf einen Polizisten 300 Einwohner.
Der Minister betonte, er wolle den Fokus seiner Politik auf eine bessere Polizeiarbeit legen und flächendeckend sichere Gegenden schaffen. So wurde im April das lokale System von Polizeistreifen und Kontaktbeamten wiedereingeführt. Dabei werden je zehn Polizisten einem Bezirk dauerhaft zugeteilt, um Präsenz zu zeigen und Verantwortung für den Bezirk zu übernehmen, Ermöglicht wurde dies durch die Zusammenarbeit mit der Polizei Bayerns mit Unterstützung von der Hanns-Seidel-Stiftung. Als nächsten Schritt wolle man den Austausch mit der Bayerischen Polizei vertiefen, um Frauen- und Opferschutz sowie Bürgernähe im Ausbildungssystem der Polizei von Karnataka zu verankern.
Die Polizei und Vertreter des Justizministeriums diskutierten während der Tagung über grundsätzliche Reformen - und bekamen Beifall von den Vertretern der Zivilgesellschaft. So äußerte sich Sanjay Sahay, Menschenrechtsbeauftragte und der Generalinspektor der Polizei, dass es unter anderem die Gewissheit sei, nicht für ein sexuelles Vergehen verurteilt zu werden, die zu Übergriffen führe. Um solche Straftaten zu verhindern und eine abschreckende Wirkung zu erreichen, müsse gewährleistet sein, dass ein Strafprozess wegen eines solchen Deliktes mit einer Verurteilung ende.
Dazu merkte der Leiter der Staatsanwaltschaft Belaki selbstkritisch an, dass der Umgang mit Zeugen verbessert und die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten umstrukturiert werden müsse. Vertreter von Ministerien des indischen Bundesstaates nahmen die Gelegenheit wahr, um auf urbane Sicherheitsprobleme innerhalb ihrer Zuständigkeit zu verweisen, wie unsichere Arbeits- und Gehaltsbedingungen beim Bau, mangelnde Ernährungssicherheit in städtischen Schulen und Kindergärten oder fehlende Hygiene für ungelernte Arbeitskräfte.
Bereits der offene Austausch im Rahmen der Konferenz sei Anlass für Optimismus, resümierte Dr. Susanne Luther, Leiterin des Instituts für Internationale Zusammenarbeit der Hanns-Seidel-Stiftung, am Ende der Veranstaltung.
Die gemeinsamen Ideen zeichnen den weiteren Weg für das Safe City-Kooperationsprojekt der Stiftung vor, welches aus der offiziellen Partnerschaft zwischen Bayern und Karnataka entstanden ist. Mit der Unterstützung von Regierung, Polizei und Zivilgesellschaft wird der indische Bundesstaat Karnataka unterstützt, eigene Ideen umzusetzen und dabei auch künftig mit allen Akteuren zusammenzuarbeiten.