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Gedanken zum Reformationstag 2017
Von der Freiheit eines Christenmenschen

Autor: Dr. Philipp W. Hildmann

Das protestantische Selbstverständnis gründet in Martin Luther. Ausgehend vom Anschlag seiner 95 Thesen an das Portal der Schlosskirche zu Wittenberg am 31. Oktober 1517 entfaltete der junge Augustiner-Eremit in kürzester Zeit mit enormer publizistischer Wucht die religiöse Kraft seiner reformatorischen Einsichten.

Eine Kernthese Luthers: Der Mensch kann sich sein Heil nicht verdienen, denn es ist ihm bereits durch Jesus Christus geschenkt.

Eine Kernthese Luthers: Der Mensch kann sich sein Heil nicht verdienen, denn es ist ihm bereits durch Jesus Christus geschenkt.

albersHeinemann; CC0; Pixabay

Das protestantische Selbstverständnis gründet in Martin Luther. Ausgehend vom Anschlag seiner 95 Thesen an das Portal der Schlosskirche zu Wittenberg am 31. Oktober 1517 entfaltete der junge Augustiner-Eremit in kürzester Zeit mit enormer publizistischer Wucht die religiöse Kraft seiner reformatorischen Einsichten. Sie führten zum Auslöser der größten Umwälzungen innerhalb des Christentums nach der Antike und sollten Europa nachhaltig verändern. Begleitet und begünstigt wurde die Reformation dabei von einer medialen Revolution. Die Erfindung des Buchdrucks und seine flächendeckende Ausbreitung ermöglichten eine bis dato nicht gekannte Beschleunigung der Informationsverbreitung, die die reformatorischen Bestrebungen ab 1530 internationalisierten und zu einem gesamteuropäischen Phänomen werden ließen. 

Bereits zehn Jahre zuvor, im magischen Jahr 1520, war Martin Luther mit drei Traktaten öffentlichkeitswirksam zur Höchstform aufgelaufen. Eines davon war die Abhandlung „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, die sich schon im Titel dem großen Thema der Reformation, der Freiheit, zuwandte. Seine darin vertretene Kernthese lautete: Der Mensch kann sich sein Heil nicht verdienen, weder durch fromme Leistungen noch durch gute Werke. Er muss es sich auch gar nicht verdienen, da es ihm durch Jesus Christus immer schon geschenkt ist. Die Konsequenz aus diesem Geschenk ist für den Reformator allerdings nicht Tatenlosigkeit, sondern, dass der gläubige Mensch aus dieser Freiheit des Beschenkten heraus aktiv im Sinne christlicher Nächstenliebe zu handeln beginnt. Mit der Entdeckung der „Freiheit eines Christenmenschen“ hing das Heil des Menschen für die Protestanten fortan ohne Vermittlungsinstanz von seiner eigenen Gottesbeziehung ab. Dies bedeutete eine ungeheure Emanzipation des religiösen Individuums, die man zu Recht als „Geburt der religiösen Autonomie“ bezeichnet hat. 

Mit dem Reformationstag am 31. Oktober erinnern die Protestanten an den Thesenanschlag zu Wittenberg als den Beginn dieser reformatorischen Bewegung, die Deutschland, Europa und die Welt nachhaltig verändern sollte. Der Umgang mit diesem "Feiertag" ist in den deutschen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Anlässlich des 500. Jahrestags des Thesenanschlags wird der Reformationstag 2017 allerdings nun erstmals als gesamtdeutscher Gedenk- und Feiertag begangen. Damit wird ein Vorschlag umgesetzt, für den sich der Evangelische Arbeitskreis der CSU schon seit einigen Jahren stark gemacht hat. Dieser verbindet damit ausdrücklich die Hoffnung, "dass sich unser Land auf seine geistigen und geistlichen Wurzeln und seine Zukunft besinnt. Dazu gehört vor allem die Möglichkeit, die Einheit der Kirche, aber auch das Verständnis Deutschlands als eines zutiefst kulturell und religiös christlich geprägten Landes zu Bewusstsein zu bringen."