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Zum Tod von Roman Herzog
Richter, Minister, Bundespräsident

Deutschland trauert um Alt-Bundespräsident Roman Herzog. Der CDU-Politiker und Bundesverfassungsrichter a.D. hatte das höchste Amt im Staat zwischen 1994 und 1999 inne, in einer Zeit, in der Deutschland als der kranke Mann Europas galt. Sprichwörtlich geworden ist seine berühmte „Ruck-Rede“. 2003 wurde ihm von der Hanns-Seidel-Stiftung der Franz Josef Strauß-Preis verliehen. Am 10. Januar 2017 ist Roman Herzog im Alter von 82 Jahren in Berlin verstorben.

drei ältere Männer in dunklem Anzug vor Logo der Hanns-Seidel-Stiftung

Roman Herzog 2003 bei der Preisverleihung des Franz Josef Strauß-Preises in München

HSS

„Durch Deutschland muss ein Ruck gehen!“, rief Roman Herzog 1997 in Berlin den Deutschen zu. „Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen. Alle sind angesprochen, alle müssen Opfer bringen, alle müssen mitmachen.“ Immer wieder hatte Roman Herzog die Reformmüdigkeit in Deutschland angeprangert und dabei auch gegenüber den politisch Verantwortlichen kein Blatt vor den Mund genommen. Auch deswegen war der bodenständige Landshuter als Bundespräsident bei den Deutschen beliebt, die nach der langen Präsidentschaft Richard von Weizsäckers die ruhige, unprätentiöse Amtsführung Roman Herzogs schätzten.

„Die ‚Erneuerung der Gesellschaft‘, der ‚Aufbruch ins 21. Jahrhundert‘ und die Herausforderungen eines ‚Lebens unter Innovationszwang‘ kennzeichnen die Leitmotive, die Roman Herzog in den Mittelpunkt seiner Amtszeit als Bundespräsident (1994-1999) stellte.“

So begann 2003 die Würdigung Roman Herzogs anlässlich der Verleihung des Franz Josef Strauß-Preises durch die Hanns-Seidel-Stiftung. Zum „Prinzip Herzog“ gehöre desweiteren, dass der bürgernahe „Reformpräsident“ sich nicht auf die Rolle des obersten Repräsentanten Deutschlands beschränkt habe, sondern als „politisches“ Staatsoberhaupt gleichzeitig Impulsgeber zur Gestaltung politischen Handelns gewesen sei und sich als Vermittler geistiger Orientierung in einer Ära des Umbruchs durch fruchtbare Synthese aus Autorität, Kompetenz und Beliebtheit großen Respekt und hohes Ansehen erworben habe.

sitzender Redner in dunklem Anzug

Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt bei seiner Laudatio auf Roman Herzog

HSS

Mann des Rechts und der Toleranz

In seiner Laudatio erinnerte Bundeskanzler a.D. Helmut Schmidt bei der selben Gelegenheit an den parteiübergreifenden Respekt, den Roman Herzog während seiner Karriere genossen habe, und an die gemeinsam bewältigte Zeit des RAF-Terrorismus im Deutschland der 1970er und 80er Jahre. Er zitierte die 1995 vom Preisträger geprägten Worte:

„Es geht nicht um Kampf, um Vorrang der Kulturen in der Welt. Es geht vielmehr um das weiche Sowohl-als-auch der Kulturen und Gesellschaftsmodelle. Voraussetzung dafür ist eine gemeinsame Zivilisation des friedlichen Miteinanders.“ Roman Herzog sei zugleich ein Mann des Rechts und ein Mann der Toleranz gewesen, sagte Schmidt weiter. „Er hat dadurch vielen Bürgern, so auch mir, Orientierung und Führung gegeben. Als Bundespräsident hat er sein Amt tadellos ausgeübt. die Hanns-Seidel-Stiftung tut gut daran, ihn zu ehren. Lieber Roman Herzog, ich verbeuge mich vor Ihrer Leistung!“

Seine politische Karriere begann Roman Herzog 1978 als Kultusminister in Baden-Württemberg, wo er nur zwei Jahre später das Amt des Innenministers für die CDU übernahm. 1983 legte der promovierte Jurist sein Ministeramt nieder und begann als Vorsitzender des Ersten Senats seine Arbeit für das Bundesverfassungsgericht. Bereits vier Jahre später folgte er auf den scheidenden Wolfgang Zeidler als Präsident des Verfassungsgerichtes. Ein Amt, das er bis einen Tag vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten am ersten Juli 1994 innehatte. Der Bundesregierung unter Helmut Kohl mag sich Roman Herzog auch durch das Urteil zur Bodenreform und Alteigentum nach der Wende 1989 empfohlen haben, denn er lehnte eine Rückgabe der enteigneten Besitztümer, ganz im Sinne Helmut Kohls, kategorisch ab, was ihm Kritik des konservativen politischen Lagers eintrug.

Mann an Rednerpult vor Logo der Hanns-Seidel-Stiftung

Roman Herzog bei der Verleihung des FJS-Preises

HSS

Sachverstand, Klugheit und Lebenserfahrung

Als Kandidat für das höchste Amt im deutschen Staat war Roman Herzog als Helmut Kohls Ersatz für Steffen Heitmann angetreten. In drei Wahlgängen konnte er sich überraschend gegen Hildegard Hamm-Brücher und den SPD-Kandidaten Johannes Rau durchsetzen.
Zu seinem politischen Erbe gehört die Einführung des 27. Januar als „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“, in dessen Rahmen im Bundestag jedes Jahr eine Gedenkstunde stattfindet, während der Zeitzeugen und Überlebende des Nazi-Regimes als Redner auftreten. Auch sein engagiertes Eintreten für eine Reform des deutschen Bildungssystems im Sinne eines höheren Praxisbezuges der gelehrten Inhalte prägte das Bild der Deutschen von Roman Herzog, genau wie sein Einsatz für politische Reformen und den gleichzeitigen Erhalt konservativer Werte.
In seinem Kondolenzschreiben an Roman Herzogs Witwe, Alexandra Freifrau von Berlichingen, schrieb Bundespräsident Joachim Gauck:

 „Mit Sachverstand, Klugheit und großer Lebenserfahrung trat er für unser Land und seine freiheitliche Verfassung ein. Als Minister, als Präsident des Bundesverfassungsgerichts und als Bundespräsident waren ihm die Bürger- und Freiheitsrechte niemals nur abstrakte Begriffe“, so Gauck. Roman Herzog habe sich um unser Land verdient gemacht. „Sein vorwärtsstrebender Mut verband sich mit einer charmanten Skepsis. Diese Mischung war ebenso unverwechselbar wie sein unabhängiger Geist und seine Liebe zum klaren Wort.
Mit diesen Eigenschaften trug er viel zur Verständigung zwischen Bürgern und Politik bei und erwarb sich Respekt und große Sympathie bei ungezählten Menschen … Wir werden ihn in dankbarer Erinnerung behalten."

Auch die Hanns-Seidel-Stiftung wird ihrem Träger des Franz Josef Strauß-Preises Roman Herzog ein ehrendes Andenken bewahren.